Freitag, 30. November 2012

Horrorskope

Der Umgang mit Astrologie ist für einen Agnostiker genauso mit existenziellen Fragen behaftet, wie die Überlegungen zur Existenz Gottes. Vermutlich aber geht es vielen so wie mir: Sie lesen die Horoskope, wann immer sie eines sehen. Wenn sie für das eigene Sternzeichen Positives prognostizieren, ist man sogar gerne geneigt, dem Geschreibsel Glauben zu schenken. Ganz besonders vorbehaltlos werden die dem Sternzeichen zugeschriebenen Charakter-Eigenschaften akzeptiert, wenn sie dem eigenen Ego typisch schmeicheln.

Weil der Mensch aus lauter Angst vor der Zukunft schon immer jemandem glauben wollte, der vorgab, sehen zu können, was vor einem oder gar der gesamten Menschheit liegt, sind Weissagungen seit jeher so erfolgreich. Das funktioniert seit der Steinzeit in allen Kultur- und Weltkreisen:

Bei der Sternenscheibe von Nebra oder dem Stonehenge mag der astronomische Bezug ja den Aberglauben noch überwogen haben, weil das Feststellen des Sonnenstandes im Einklang mit besonderen Sternen-Konstellationen über erfolgreiche Aussaat und Ernten entschied. Aber schon beim Orakel von Delphi, das - wie man heute weiß - durch Informationen aus einem ausgeklügelten Spitzel- und Agentensystem gefüttert wurde, wird deutlich, wie sehr Tricks und Geschäftemachereien im Laufe der Jahrtausende zur eigentlichen Triebfeder wurden.

Dass Seni dem Wallenstein weissagte, bewahrte den ruhmreichen Feldherrn nicht davor, in Eger gemeuchelt zu werden, und wie viele Weltuntergänge habe ich seit meiner Kindheit überlebt! Nachdem die Interpretationen des Nostradamus schon nur funktionierten, wenn man auf dem Realitätsauge blind war, ist in 22 Tagen der  nicht weiter fortgeschriebene Maya-Kalender der Auslöser für die Prognose eines bevorstehenden Weltuntergangs.

Abgesehen davon, wie viele intelligente Menschen sich immer wieder von solchen Szenarien beeindrucken lassen, haben es mir in diesem Zusammenhang zwei Absurditäten besonders angetan:

Die erste ist eine Webseite mit allerhand Literatur und Überlebensequipment, die zu diesem Anlass online bestellt werden können. Da sie nicht billig sind, ist die Frage doch erlaubt, was die Initiatoren nach dem Weltuntergang mit der Geldwertschöpfung ihres Tuns anfangen.

Aber richtig clever ist das südfranzösische Dorf  Bugarach im Corbières. Aus irgend einem Grund, den keiner so richtig kennt, wird dieses Gemeinwesen am 21 Dezember 2012 verschont, was für dessen Offseason einen kaum noch zu beherrschenden Besucherstrom zeitigen wird. Schon jetzt ist von der Bereitstellung zusätzlicher Fremdenbetten die Rede, und es gibt regelmäßige Pressekonferenzen zum Stand der Dinge. Ob sich die Gemeinde-Väter darüber Gedanken gemacht haben, was passiert, wenn der Ernstfall tatsächlich eintrifft? Wer soll denn nach dem Untergang der Restwelt die Versorgung der Überlebenden sichern?

Ich ärgere mich schwarz, dass ich nicht auf diese Idee gekommen bin, und daher unser Borgo nicht auserwählt wurde. Dann ginge wenigstens für ein paar Tage in diesem im Dezember nahezu ausgestorbenen Gemäuer mal so richtig die Post ab.

Immerhin haben diese Überlegungen heute Nacht wieder eines meiner wirklichen Talente zu Tage gefördert:
Das Fälschen von Horrorskopen.

Hier also, was Burgbriefe-Leser in diesem letzten Dezember dank ihrer Sternzeichen zu erwarten haben:

Schütze

Über's Ziel hinausschießen ist nicht mehr! Lassen sie Ihre Pfeile ruhig  im Köcher. Es sei denn, Treffsicherheit ist noch für letzte amouröse Abenteuer gefragt. Allerdings nur dann, wenn Sie nicht zu schnell losschießen. Verwenden Sie keine Augenklappen, sondern visieren Sie mit beiden Augen an. Dann entgeht Ihnen auch nichts.






Steinbock

Dass Sie keinen Bock mehr haben, anderen Steine aus dem Weg zu räumen, ist angesichts der Aussichten sonnenklar. Aber Sie haben durch Ihre Kletterfähigkeiten wenigstens das Potenzial, das Unvermeidliche hinauszuzögern. Stellen Sie sich bockig auf der höchsten Klippe dem Untergang entgegen. In Schönheit sterben!





Wassermann

Gehen Sie aus dem Wasser Mann! Sollten Sie wirklich geglaubt haben, dem Untergang durch Ihre besonderen Eigenschaften zu entgehen, werden Sie wirklich Ihr blaues Wunder erleben. Ihr Element wird von oben verdampft. Das geht schneller als Garkochen.






Fische

Sie werden im Gegensatz zum Wassermann zur Sonnenwende ganz schön ins Schwimmen geraten, ehe es Ihnen zum Ende buchstäblich wie Schuppen von den Augen fällt. Da nützt es auch nicht, dass Sie sich - Ihrem Helfersyndrom folgend - an die Spitze eines Krisenstabes stellen. Bekanntlich fangen Fische ja an, vom Kopf her zu stinken.






Widder

Natürlich wollen Sie - Ihrem Wesen folgend - zu allererst mit dem Kopf durch die Wand. Aber durch welche denn? Steht ja keine mehr! Sollten Sie sich bislang noch nicht die Hörner abgestoßen haben, dann wird's  jetzt höchste Zeit (siehe Jungfrau). Fortgeschrittenen sollte es letztlich auch nichts mehr ausmachen, wenn ihnen Hörner aufgesetzt werden.





Stier

Eh Sie sich versehen, werden Sie an den Hörnern gepackt und so schrecklich durchgeschüttelt, dass Ihnen die Hoden (oder Euter?) schlackern. Da hilft kein Kopfsenken und kein Schnauben, selbst wenn Ihnen der Untergang als rotes Tuch erscheinen sollte. Halten Sie Ihre Hufe zusammen und bewahren sie Haltung - Europa war doch schon vorher am Ende





Zwillinge

Nur weil Ihr zu zweit seid, steigert das nicht Eure Überlebenschancen. Aber immerhin - geteiltes Leid ist halbes Leid! Deshalb sieht es Euch auch gar nicht ähnlich, das Schicksal zu bejammern. Gönnt Euch einen kräftigen Schluck, dann seht Ihr wenigstens auch die anderen doppelt. Und zum Trost: Ein Unglück kommt selten allein.





Krebs

Der aufrechte Gang seitwärts, macht Euer Schicksal nicht unausweichlich. Die Hölle gart Euch lecker rot - nur ist keiner mehr da, um sich an Euch zu delektieren. Ob das ein Trost ist? Scheren sind sicher beim Teufel.






Löwe

Das wird bei Ihnen ein Fall von selbst erfüllender Prophezeiung: Da hat man Sie immer fälschlich als König der Wüste bezeichnet, und jetzt da bald alles wüst ist, haben Sie nichts mehr davon. Ein paarmal noch gut gebrüllt, und das war es dann.






Jungfrau

Immerhin, die Zeit reicht nicht mehr, damit Sie noch zum Kinde kommen, aber das Häutchen so teuer wie möglich zum Markte tragen, das könnte Spaß machen. Müssen ja nicht immer Böcke oder Gärtner sein. Wie wär's zum Beispiel mit Zwillingen?






Waage

Da sind Sie immer um Ausgleich bemüht, und dann das. Das Schicksal ist einfach ungerecht! Egal wie man sich in Schale wirft, am Ende gerät man doch aus der Ballance und wuchert vergebens mit seinen Pfunden.Wenn die Welt aus dem Gleichgewicht gerät, wären Sie sowieso arbeitslos.





Skorpion

Sorry, aber Sie machen keinen Stich mehr. Da können Sie Ihren Hintern noch steil in die Höhe recken. Das haben Sie nun davon, dass Sie immer mehr Furcht eingeflößt haben, als tatsächlich gefährlich zu sein. Immerhin werden Sie wenigstens von keiner Bade-Latsche erschlagen.

Montag, 26. November 2012

Rotes Pferd in dünnen Scheiben

Wenn in unserem mittelalterlichen Geister-Dorf die Nebel derart durch die Gassen wabern, dass selbst die Beleuchtung auf der Piazza kaum noch durchkommt, löst das bei unseren verbliebenen italienischen Freunden und Nachbarn eine fast nicht stillbare Lust auf deutsche Winterküche aus: 

So auch am letzten Samstag. Da haben wir Petronella und Maurizio eine Bauern-Ente mit Rotkraut und Schlesischen Knödeln aufgetischt. Vorweg gab es einen Wildblatt-Salat mit gerösteten Pinien- und Kürbiskernen getoppt von in Sahnebutter gebratenen Wachteleiern. Hinterher einen Crumble aus Äpfeln und Birnen... 
Schon allein hier eine Ente aufzutreiben, ist fast ein Lotterie-Gewinn. Normalerweise müssen wir nach Menton. Aber dann ist es eine Barbarie, zu der die deutsche Machart nicht recht passt. Genauso verhält es sich mit einem Kopf frischen Rotkohls...

Die Zweitbeste und ich kochen hier auf der Burg zusammen, was ich als Zeichen von Altersresignation empfinde, denn früher wäre das gar nicht gegangen. Das Kochen war immer eine Klippe, an der unser altes Ehe-Schiff gerne zu zerschellen drohte. Allein die Zubereitung des Rotkrauts entzweit uns ja schon. Meine Frau besteht darauf, den geschnittenen und vorgewürzten Kohl über Nacht mit einem Gewürz-Säckchen in Rotwein anzusetzen. Am nächsten Tag kocht sie das ganze mit Zwiebeln, Äpfeln und einer Portion Apfelmus unter Hinzufügung von Essig und Enten-Fett zu Tode. Hat diesmal leider  Maurizio so großartig geschmeckt, dass er den halben Topf alleine inhaliert hat. - Ja wenn man nicht weiß, wie's auch schmecken könnte...

Ich bevorzuge mein Pfannen-Rotkraut, das parallel zur Ente in kurzer Garzeit hergestellt wird. Dabei werden in der Wok-Pfanne nur die dünnen Teile der fein geschnittenen Rotkohlblätter mit Speckwürfeln, Zwiebeln und Knoblauch scharf gebraten, bis sie die Hälfte ihres Volumens verlieren. Dann übernimmt ein Glas Rotwein quasi das Blanchieren, und schließlich gebe ich von dem Entenfett einen kleinen Schöpfer hinzu. Am Ende schmecke ich mit Balsam-Essig, schwarzem Pfeffer und Rohrzucker bei höchster Hitze so ab, dass das Kraut noch pikante Röst-Aromen entwickeln kann...

Aber dafür durfte ich ja die Ente machen, was fast zu einer Katastrophe geführt hätte, weil ich ohne Brille nicht gesehen hatte, dass das Viech nicht ordentlich gerupft war. Also die Ente wird bei mir nur von innen gewürzt. Und zwar mit einem geviertelten Apfel, einer geviertelten Zwiebel, einer großzügigen Portion entkernter Backpflaumen und geschälter Maronen (ca. je 100 Gramm) sowie drei Schoten Peperoncino und je einem gestrichenen Esslöffel grobem Salz und feinen Kräutern aus der Provence. In der Ente wird das mit einem Löffel ordentlich gerührt und zusammen gemanscht. Dann wird die Ente mit Zahnstochern durch die Hautlappen verschlossen. Zwei Stunden schmort sie in einer offenen Raine im Backrohr bei nur 100 Grad. Sie schwitzt dabei ihr bereits gewürztes Fett aus. Deshalb reicht es, sie gelegentlich zu wenden. Auf keinen Fall aber Salz auf die Haut geben und nicht die Geduld verlieren (wie die Zweitbeste), wenn sich in dieser Zeit keine wesentliche Veränderung an dem Tier ergibt. Eine halbe Stunde bevor die Gäste kommen, erhöht man die Temperatur auf 160 bis 200 Grad und übergießt mit dem Fett, bis die Haut sich bräunt. Wenn die Vorspeise serviert wird, kommt die Ente von der Raine bei Höchsttemperatur auf den Grill-Rost zuerst mit der Flügel-Seite, dann beim Abservieren der Vorspeisen-Teller mit der Brust nach oben. Durch das Abschmelzen des Unterhaut-Fettes müsste sich das so entstandene Vakuum derart aufplustern, dass sich ein pergamentener Knusper-Effekt wie bei der Peking-Ente ergibt. Im Prinzip reichen als Beilage die Fülle und das Kraut. Die schlesischen Knöderl der Zweitbesten waren für mich nicht der Burner, aber unsere Gäste haben Sie fast vollständig vertilgt.

Allerdings wären sie dabei fast erstickt. Nicht wegen der Qualität des Essens, sondern eher wegen der italienischen Beschreibung der Zubereitung. Mein Frau ist ja in Grammatik viel besser als ich, aber bei den Vokabeln bringt sie gelegentlich etwas durcheinander::
"Ho tagliato il cavallo rosso a fette sottili!"
Das Gekreische hättet ihr hören sollen.
"Ich habe das rote Pferd in feine Scheiben geschnitten."
Gemeint hatte sie natürlich il cavolo rosso den Rotkohl.

Donnerstag, 22. November 2012

Zum Teufel mit dem Tod

Als am vergangenen Freitag unten in Oneglia der Jahrmarkt oliOliva eröffnet wurde, erklang hier oben wieder einmal die Sterbeglocke von San Giovanni. Auf meiner Terrasse erzeugte der Einklang aus einzigartig erleuchteter Landschaft und dem langsamen Rhythmus der Schläge ein derart selten erlebtes Gefühl von Frieden, dass mir die Tränen kamen, weil mein Herz gewissermaßen überlief: Was für ein herrlicher Tag, um zu Grabe getragen zu werden!

Da wusste ich noch nicht, das mit Ennia eine weitere der Hundertjährigen Geschwister im Alter von 97 Jahren von uns gegangen ist. Die einzige der Balterini, die geheiratet und eine Tochter bekommen hatte. Die Zweitbeste war unterwegs, sonst hätte Signora Electra sie schon zum Trauergottesdienst  "eingefangen". Auf einem Dorf gehört der Leichengang selbst der entferntesten Nachbarn  einfach dazu. 

Ich, der Agnostiker, tue mich mit Beerdigungen seit jeher  sehr schwer und meide sie, wenn es geht. Hier oben aber habe ich einmal eine Ausnahme von dieser Abstinenz gemacht. Nämlich als unser Nachbar Malizio seinen tapferen, mehrjährigen Kampf gegen den Krebs verloren hatte; eigentlich eher als gezolltem Respekt für  Donna Ada. Denn Malizio und ich hatten ein eher distanziertes Verhältnis, seit er einmal nicht begreifen wollte, wieso ein Ungläubiger neben seiner Eingangstür eine Terrakotta-Madonna samt Jesuskind befestigen wollte.

Es ist schwer, Leuten, die in einer derartigen Nähe zu Gott aufwachsen, wie die Menschen hier oben, klar zu machen, dass ein Agnostiker sich durchaus am festen Glauben anderer erfreuen kann. Also bin ich schon deshalb auf Malizios Beerdigung gegangen, und habe mich selten so unpassend gefühlt. 

Es war "a ries'n Leich" gewesen - wie man in Bayern sagen würde. Die große Kirche war gerammelt voll und selbst der Vorhof und der halbe Parkplatz waren dicht bevölkert. Vielleicht war ich einer von vielleicht Hunderten und dennoch hatte ich das Gefühl, als starrten mich alle an. Ja sie machten mir sogar Platz, sodass ich ganz hinten neben den Taufbecken noch einen Platz in der Kirche fand. Als ich mich dann so umschaute, war mir auf einmal klar, wieso ich derart auffiel: Ich war der einzige, der in einem schwarzen Jackett, weißem Hemd und schwarzer Krawatte erschienen war. Die ligurische Landbevölkerung unterbricht für die Trauerfeier lediglich ihren Alltag, kommt also in den Kleidern, die für die jeweilige Tätigkeit angemessen war, die sie gerade hatte ruhen lassen: Der alte Balterini in seinem Blaumann von der Feldarbeit, die Postina in ihrer Dienstkleidung, Tamara von der Gemeinde in ihren Büro-Klamotten - ja selbst Malizios Witwe hatte sich nicht eigens aufgehübscht...

Am Tag nach der Beerdigung trafen wir Ennias Tochter samt dem Schwiegersohn auf der Fiera vor dem Stand, in dem Mozzarella frisch gesotten und noch warm verkauft wird. Wir kondolierten und drückten unser Bedauern aus, dass wir die Beerdigung verpasst hätten. Aber davon wollte das entspannte Paar etwa in unserem Alter eigentlich gar nichts mehr wissen. Der Tod war gestern, und heute geht das einfache Leben mit seinen bescheidenen Annehmlichkeiten weiter...

Ich hätte aus dem Sterben ganz sicher keinen Post gemacht, wenn die ARD-Sendeanstalten - auf welch höheren Ratschluss auch immer - nicht justament eine Themenwoche zum Sterben und dem Umgang mit dem Tod veranstalten würden. Selbst auf meinem Dauer-Berieseler  Bayern3, den ich via Internet höre, wenn ich an Manuskripten herumbastele, bekamen dauerblödelnde Moderatoren plötzlich einen Heiligenschein auf die Stimmbänder.

Da kann es ja gar nicht ausbleiben, dass man sich schließlich doch derlei Gedanken macht, zumal man ja altersmäßig selbst schon so langsam auf die Zielgerade der letzten Runde eingeschwenkt ist. Heute Nacht bin ich  dann in meinem Schlafloch zumindest für mich zu einem Ergebnis gekommen:

Der Tod und wie das Individuum mit ihm umgeht, hängt eindeutig von altersbedingten Perspektiven ab. Ennias Enkel Maurizio könnte davon berichten, denn als Motorradfahrer hatte man ihn auf unseren engen  und kurvigen Bergstraßen von mancher Kühlerhaube oder Trockenmauer gezogen, ehe er nach seinem letzten sechsmonatigem Krankenhausaufenthalt auf einen stahlblauen Sportwagen deutschen Fabrikates umgestiegen ist. Da er in punkto Geschwindigkeitsreduzierung nicht allzu schnell dazu lernt, bin ich immer noch froh, wenn sein Geschoss hier oben steht, während ich hinunterfahre.

Ich war auch einmal so, und es bedurfte Dutzende von Grenzerfahrungen, bis zum Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit. Die Verantwortung für Kinder kann dabei helfen. In meinem Fall kam aber auch noch die traurige berufliche Pflicht des Nachrufe Schreibens hinzu. Wie viele, die sich für unsterblich gehalten haben, musste ich ein letztes Mal erhöhen, damit heute wenigsten noch ein paar an sie als Helden denken...

Zum Teufel mit dem Tod! So habe ich als 27 Jähriger Hals-und-Beinbruch-Reporter einmal eine Story betitelt, die in zahlreichen Sprachen erschienen ist, und meinen Ruf als "harter Hund" begründete.
Die Leute sollten mich heute mal erleben, wenn ich beim kleinsten Herz-Aussetzer wie Espenlaub zittere.

Ehrlich - liebe ARD-Programm-Direktoren! Ihr könnt mich mal - mit eurer Themenwoche!

Sonntag, 18. November 2012

oliOliva





Am dritten Wochenende
im November findet im 
alten Zentrum von Oneglia und am alten Hafen 
ein Jahrmarkt rund ums Öl und die Spezereien der ligurischen Landwirtschaft statt. 
Das ist nicht nur eine einzigartige Gelegenheit, sich kostenlos durchfressend einen kulinarischen Überblick zu verschaffen, sondern auch die Einheimischen fast ohne Touristen mal so richtig entspannt zu erleben. Spannend auch das kulturelle Rahmenprogramm bis spät abends! 
Nach dem Motto: 
ein Bild sagt mehr als tausend Worte, habe ich diesmal darauf verzichtet, Schlaues beizusteuern. Dass jeder einen besonderen Geschmack hat, musste ich gestern beim Probieren einiger Einkäufe der Zweitbesten erkennen. Da war ein 
Öl- Maronen-Mousse dabei - angereichert mit Rosinen, Pinienkernen, Nüssen und dann in Fladen gepresst... Da hat der "Allesschmecker" erstmals -trotz des Schwärmens seiner Frau - gepasst...

Donnerstag, 15. November 2012

Lebenserwartungshaltung

Die Friedhofsgängerinnen und die in die Jahre gekommenen Vitelloni haben in der Bar Girasole einen neuen Treffpunkt, der zunehmend frequentiert wird. Da hat die Gemeinde eine gute Entscheidung getroffen, und unsere Nachbarin Carina, die sie betreut, geht kein vom Umsatz bedingtes Risiko ein, da sie von der Comune bezahlt wird.

Dass sie sich beim zweckdienlichen Herrichten des Hauses am Sportplatz mit Gustavo auseinander gelebt hat, ist ein Kollateralschaden, den sie offenbar besser verkraftet als der Ex-Fernfahrer und jetzige Nebenerwerbslandwirt.

Er, der im vergangenen Jahr noch Gemüse en gros hochgezogen hat, ist nun wie besessen dabei, die beste Oliven-Ernte seit Jahren in unverschnittenes Olio Extra Vergine zu pressen. Ich hatte die Ehre, von ihm mit der Gestaltung eines Etikettes betraut zu werden, weil er ja weiß, dass ich derlei Gestaltungsprogramme noch auf meinem Computer habe. 

Als ich ihm nach der erfolgreichen Präsentation den USB-Stick für seine Druckerei in die Hand drückte, tat er so cool, als mache er derlei Daten-Transfers täglich. Und Überraschung: Gestern hat er den Stick gleich stolz wie Oskar über den geglückten Druckvorgang zurück gebracht. Hoffentlich bekomme ich auch noch mein Honorar in Form eines Fläschchens Mosto d'Oro. Aber ich bin da recht zuversichtlich, weil der neue Gustavo so etwas wie "preußische Tugenden" für sich entwickelt hat. Er ist extrem pünktlich - für ligurische Verhältnisse, und wenn er etwas zusagt, dann ist die Erfüllung gewissermaßen Ehrensache.

Worauf will der Burgbriefe-Schreiber hinaus - mit dieser eher unspektakulären Situationsbeschreibung als Einleitung quasi durch die Brust über den Hinterkopf ins Auge? 

Es ist eine Mischung aus Neid und Verzweiflung: Einerseits bin ich neidisch, dass die Burggeister,die ja in meinem Alter sind, sich geradezu stoisch, aber gar nicht mal schlecht gelaunt, auf neue Situationen einstellen können. Aber als einer, der das italienische Leben von Kindesbeinen mit verfolgt hat, macht es mich traurig, dass sie sich dabei nicht auf Faktoren stützen können, die früher "italienische Tugenden" waren - nämlich der Zusammenhalt der Großfamilie und die Fähigkeit im sozialen Ensemble am Offenen Grab ihrer Nation zu tanzen. 

Was haben Journalisten in den vergangenen 60 Jahren nicht alles über die wirtschaftliche Situation Italiens geschrieben? Was wurde in punkto Devisen-Regulierung nicht alles unternommen, um das Abfließen der Gewinne ins steuerbegünstigte Ausland zu verhindern! Immerhin war Italien vor Einführung des Euro stets unter den Top-Ten der Wirtschaftsnationen. Jetzt ist es möglicher Weise bald Kandidat für den Rettungsschirm. 

Einer der auch hier oben sichtbaren Gründe ist die totale Diskrepanz zwischen der biologischen Lebenserwartung und dem was die schwindende Jugend Italiens noch vom Leben erwarten kann. 36 Prozent - gleichgültig ob nach der Lehre (die es so hier eigentlich nicht gibt) oder einem akademischen Abschluss - finden keine entsprechende Arbeit oder starten unsicher zu Dumping-Löhnen.

Jahrelang wurde über die italienische Jugend gelästert, weil sie das Hotel Mama so nachhaltig frequentiert hat. Aber wäre sie nur zu Hause geblieben, anstatt sich mit falschen Erwartungen zu lösen. Italien ist das Land mit dem größten privaten Haus- oder Wohnungsbesitz pro Kopf der Bevölkerung, aber es ist anzunehmen, dass besonders die jüngere Generation in diesem Bewusstsein, sich eigene "vier Wände" mit Null-Eigenkapital-Finanzierungen zu schaffen, an der bedrohlichen Immobilien-Blase mitwirkt.

Im Bannkreis der Burg - nur ein paar Kilometer von der Stadt und dem Meer entfernt -steht jedes zweite Haus leer, das nicht im Besitz von Ausländern ist. Zu den Traum-Immobilien gehört auch das ehemalige Kinderheim, das in Ermangelung derselben seit zwei Jahrzehnten nicht mehr genutzt wird, und das vor der Krise zu langem, spekulativem Begehren ausgesetzt war.

Die "Lebenserwartung" ist jetzt bei den allfälligen Sparprogrammen in der Euro-Zone ein Argument für den späteren Einstieg ins Renten-Alter. Aber was macht das für einen Sinn, wenn allenthalben jobverlustige Arbeitnehmer über 50 von  der Arbeitswelt ausgeschlossen werden? Oder - was viel schlimmer ist - den Nachfolge-Generationen die Möglichkeit überhaupt genommen wird, rechtzeitig in den Renten-Topf einzuzahlen?

Die Witwen, die sich zum Kartenspielen im Girasole treffen und die von der Jugend verlassenen Eltern, die auf eine Grappa oder einen Espresso bei Carina einkehren, müssen wegen ihrer Lebenserwartung doch kein schlechtes Gewissen haben. Sie haben ja ihre "Lebensleistung" erbracht. Und - wenn man sie so hört - gewähren sie ja der Katastrophe noch gewissen Aufschub, indem sie mit Bar-Zuwendungen an die nepote deren Erwartungshaltung wenigstens mit einem Minimum bedienen... 

Montag, 12. November 2012

Burg-Tage

Mein Vater war nicht leicht aus der Fassung zu bringen, und noch seltener gab er seine - dem leitenden, gehobenen Staatsdiener - geziemende Sprache auf. Aber einmal - vor mehr als 30 Jahren - schaffte es die Zweitbeste, ihre Schwiegereltern derart in Rage zu versetzen, dass wir fast aus deren Traumhaus im Isarwinkel flogen. Was war geschehen, dass es heute noch so in Erinnerung ist?

Meine Eltern saßen wie üblich Kreuzworträtsel ratender Weise mit dem Rücken zu dem riesigen Panorama-Fester, das den freien Blick aufs verschneite Karwendel quasi in Supercinemascope präsentierte. Aus der Sicht rastloser, von Karrieren aufgefressener Twens, die wir waren, erschien uns das als nerviger Müßiggang und Ignoranz gegenüber der einzigartigen Schönheit. Die Zweitbeste, schon damals eine Betriebsnudel ersten Ranges, forderte meine Eltern dogmatisch auf, die sozialen Kontakte mit der gewählten Isolation am Rand ihres Dorfes nicht  länger zu vernachlässigen und das gipfelte gar in dem Vorwurf: 
"Ihr verkommt hier draußen doch total!"

Wir bekamen unsere verdiente Abreibung: Meine Eltern waren da ja gerade erst zur Ruhe gekommen und hatten nach der Pensionierung  meines Vaters nicht nur eine abenteuerliche Weltreise im VW-Bus hinter sich gebracht, sondern waren die Strecken, die sie aus diversen politischen oder logistischen Gründen mit dem Campmobil nicht mehr bewältigen konnten auch später noch abgeflogen: China, Japan. Ägypten und im Leihwagen ganz Nordamerika. Alle näheren Kontakte, die sie unterwegs hatten, pflegte mein Vater handschriftlich mit ausführlichen Briefen in Englisch und Französisch - oder wenn das nicht half bisweilen auch in Latein. Aus seiner Sicht war der Vorwurf eine Infamie. Wir schrieben seinen Wutausbruch jedoch altersbedingter Sturköpfigkeit zu...

Heute sehen wir das mit dem "Verkommen" natürlich reumütig anders.Wir hätten unsere wie auch immer gearteten sozialen Kontakte auch beinahe für unser Traumhaus hier in Ligurien geopfert. Und das bereits zu einem Zeitpunkt, das wir noch zwanzig Jahre jünger waren als meine Eltern damals. Zwar versuchen wir heute, indem wir den Satz meiner Frau von einst persiflierend auf unser Verhalten anwenden, dem ganzen ein wenig von seiner erschreckenden Erkenntnis zu nehmen, aber es ist eben eine Tatsache, dass wir uns auch mehr und mehr mit unserer Art zu leben isolieren.

Als sich unsere letzten deutschen Nachbarn vergangenen Donnerstag bis zum nächsten Jahr verabschiedet hatten, begann der große Regen. Fast drei Tage strömte und flog das Wasser durch die Burg, aber waren wir deshalb traurig? Nein, ganz im Gegenteil! Es war eine Erleichterung, dass wir uns ohne Erklärungsnotstand und schlechtes Gewissen, den Gegebenheiten einfach hingeben konnten. Hätten wir eine Zugbrücke - wir hätten sie hochgezogen: Bis in die Puppen schlafen, zu Unzeiten Essen, wertvolle Stunden für das "diamantene Fernseh-Auge" sammeln, rumhängen - toll. So lange man noch etwas sehen konnte, musste sogar das Lesen warten. Die wabernden Nebel, die um uns herum zogen zu beobachten, war ja noch viel spannender. Und nachts röhrte und rauschte der randvolle Impero zu uns herauf, als wären wir die Arche in der Sintflut.

Nach dem Regen folgt der Sonnenschein: Das Klischee wird hier auf der Burg so passend bedient, dass wir heute den geplanten Ausflug nach Sanremo kurzerhand gestrichen haben. Stattdessen sechs Stunden bei über zwanzig Grad auf der Terrasse mit dem immer gleichen aber im flachen, klar gewaschenen November-Licht gemeißelten Panorama-Blick über die Oliven-Täler. 

So zu verkommen, ist einzigartig - und am schlechten Gewissen arbeiten wir noch...

Freitag, 9. November 2012

La Lettera Carrier

In einem großstädtischen Umfeld wie dem vom Glashaus mit Tausenden Münchnern um sich herum, macht sich niemand Gedanken über die Befindlichkeiten alltäglicher Dienstleister. In Zeiten von SMS, e-mails und Paket-Diensten baut keiner mehr wie früher eine wenn auch noch so kleine Beziehung zu seinem Briefträger auf. Ganz im Gegenteil. Da er meist ja doch nur noch ungewünschte Werbe-Botschaften in die Briefkästen stopft, ist er sogar bisweilen eine Unperson.

Ganz anders hier auf der Burg: Unsere Lettera Carrier - obwohl unten in der Stadt wohnend - ist ein wesentlicher Faktor im Dasein der Burggeister. Macht sie Urlaub oder ist sie krank, fehlt sie uns regelrecht. Und das nicht nur weil ihre gelegentlichen Vertreter schon mal zu faul waren, für die paar Sendungen hier herauf zu kraxeln und die Lieferungen dann im großen Müll-Container am Eingang des Borgos entsorgten...

Es ist eine Herz erwärmende Freude, sie beflissen mit ihrem Autochen von Einsatz zu Einsatz düsen zu sehen. Immer gut drauf, auch unterwegs immer freundlich winkend. Die puppenhaft alterslos wirkende Frau mit ihrer gefärbten Pumuckel-Frisur lässt keinen bewohnten Winkel der Burg aus. Selbst wenn sie mal für "ihre Kunden" nichts hat, macht sie sich zumindest bemerkbar. Im Sommer wenn alle Fenster offen sind hört jeder ihre glockenhelle Stimme von überall her:
"Posta, posta! Oggi niente! A domani!"

Bei den eher einsam lebenden Damen wie Signora Electra oder Donna Ada verweilt sie auch, wenn sie nichts hat, überprüft, ob es ihnen gut geht und bringt Nachrichten, die die Post normalmente nicht transportiert. Ein Böser, wer das als Dorftratsch bezeichnen würde.

Gestern nun, klang ihre stets heitere Stimme, die zu mir auf die Terrasse  drang, aufgeregt und auch ein wenig ängstlich. Es dauerte eine Zeit, bis ich kapierte, dass die andere Italienisch sprechende Frau auf der Piazza die Zweitbeste war. Sie hat im Umgang mit den Burg-Damen mehr und mehr die Hemmungen, Italienisch zu sprechen, fallen lassen. Jetzt bekam sie dafür das Drama aus erster Hand:

Die Wehrdörfer hier gleichen - wenn die ausländischen Hausbesitzer zu dieser Zeit des Jahres abwesend sind - gerne mal mittelalterlichen Geisterstädten. Ganz besonders unser Borgo, in dem vielleicht aktuell bis zur Weihnachtszeit  nur noch gut zwanzig Menschen residieren, wird an dunklen Tagen zur Herausforderung für unsere postina, denn sie muss ja bei jedem Wetter per pedes hoch. - Selbst wenn sie keine Sendungen dabei hat. Denn unter dem Torbogen zu unserer Piazza Castello hängt der offizielle Briefkasten mit regelmäßigen Leerungen.

Was also hatte sie so erregt? Im ebenso ausgestorbenen Nachbarort war Donna Lara nicht anwesend, aber ihre Haustür stand offen. Das konnte zweierlei bedeuten: Entweder ihr war etwas geschehen oder ihre Abwesenheit hatten Einbrecher genutzt. Jedenfalls fackelte die postina nicht lange und rief sofort die Polizei. Der gelang es tatsächlich den durch die Hintertür entwischten Dieb quasi in flagranti dingfest zu machen.

Aber damit nicht genug. Mit frisch aktivierter Wachsamkeit warnte sie die Zweitbeste, die nicht die Mutigste ist, auch gleich noch vor dem "Schwarzen Mann", der sich hier zwischen den Dörfern herumtreiben soll. Ein baumlanger Typ ganz in Schwarz gekleidet mit einem riesigen Silberkreuz auf der Brust. Der sei bestimmt ein Betrüger, meint die postina, die ihn schon verstohlen rauchend in diversen Ecken beobachtet habe:
"I nostri Sacerdoti non fumare!" Unsere Priester rauchen nicht.

Ich werde doch wohl nicht meine im Dschungel von Borneo erprobte Machete aus der Cantina holen müssen...

Dienstag, 6. November 2012

Der Kapitän der Wolkenschieber

Je tiefer die Sonne steht, desto härter entbrandet am Himmel über unserer Terrasse der herbstliche Kampf zwischen il blu del mare und il nero delle montagne: Das ist eines der spannendsten Kapitel im jährlichen Ablauf unserer Lebensformel Maremonti

Die Zweitbeste - im Oktober geboren - liebt diese Zeit des Jahres. Ich, der unter dem Sternzeichen Fische das dann schon wieder länger werdende Licht der Welt erblickte, habe als Kind das Lied "Winter ade" mit Inbrunst gesungen, und den finsteren Gesellen mit seinem Schnee gehasst. Wer konnte denn ahnen, dass die kalte Jahreszeit einmal meine Geschäftsgrundlage werden würde... 

Durch das Leben hier ist mein Verhältnis zur "kalten Jahreszeit" wieder ambivalent geworden, obwohl auf den Ausläufern der See-Alpen schon Schnee liegt, und das Paar einst funkelnagelneuer Ski in der Cantina wohl über mein Lebensende hinaus ungefahren bleiben wird. Die nächste absolut  schneesichere Ski-Station wäre nur knapp eine Stunde entfernt...

Dass ich zu Depressionen neige, dürfte mittlerweile Kundigen aus meiner überschaubaren Leserschaft aufgefallen sein. Entscheidend ist,  - hat mir ein junger Jung-Epigone aus Wien einmal mit auf den Weg gegeben - dass sich der Betroffene bewusst macht, dass die Depression im Vergleich zu anderen schweren Erkrankungen nicht nur immer wieder vorbei geht, sondern auch dadurch wirksam zu bekämpfen ist, dass man sich an ihr erfreut und sie - im Idealfall - sogar genießt.

Ich setze seinen Rat immer noch um, indem ich mich hier  in Rollen hineindenke. Dann wird die Terrasse hoch über den Oliven-Bergen zur Kommando-Brücke eines Schiffes, das über einen wilden Ozean wuchtig grüner Wellen gleitet. 

Bei der stets aus ähnlicher Gemütslage  komisch überkompensierenden französischen Autorin Fred Vargas heißen solche Typen im kriminalistischen Menschen-Zoo ihrer Romane: Wolkenschieber.

Vargas ist übrigens die absolute Wunderwaffe gegen Traurigkeit, und jedem, der sie noch nicht kennt, für die langen Abende wärmstens empfohlen. Leider habe ich nicht ihr Talent, aber dafür gäbe ich einen guten Wolkenschieber ab. Die denken nämlich in einer festgefahrenen Situation das Undenkbare und gehen bewusst Wege, die andere nicht beschreiten wollen. 

Ich wechsel dann beispielsweise zum Thema Lyrik. Mal sehen, was Ihr davon haltet:



Ich fahr' auf Wolkenschiffen

Wollt'ich Matrose werden.
Ward als zu leicht befunden.
Kein Leichtmatrose ohn' Gewicht!
Zog ich dann mit Wolkenherden
Und kam kaum über die Runden.
Heuer wollt' ich ja nicht!

Aus Angst ich würd' zu schwer,
Verzichte ich auf Geld
Und heure an auf 'nem Wolkenschiff.
Zu segeln lieb' ich gar doch sehr!
So bin ich nur'n Wolkenheld,
wenn die Welt zerschellt am Zeitenriff

Nun unter vollem Segel
Am speckblauen Firmament
Und ohne Anker treibt's mich jäh dahin.
Verbannt von Kind und Kegel,
Auch ohne neues Testament...

Macht all das einen Sinn?
Wenn ja, dann doch nur den:
Wer selbst sich als zu leicht befunden,
Der darf sich nicht beschweren,
Wenn andere nicht versteh'n,
Ihm den Respekt noch zu bekunden
Und barsch das Träumen ihm verwehren