Freitag, 30. Juni 2017

Luxus-Flüchtlinge?

In Zeiten europäischer Wahlkämpfe lässt sich mit der Flüchtlings-Thematik gut auf Stimmenfang gehen. Gestern passend zum G20 versprach die Kanzlerin, Italien massiv bei der Bewältigung zu unterstützen. Die  Summe, die genannt wurde, wäre aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Hier an der Riviera erleben wir von Jahr zu Jahr mehr, wie Italien in dieser Beziehung von der EU alleine gelassen wird.
Seit Schengen gab es ja schon legal durch die Nähe Frankreichs einen stetig wachsenden Anteil an Afrikanern. Das sich selbst hier im konservativen Ligurien stark verändernde Straßenbild spielt den Populisten der Cinque Stelle und der Lega Nord in die Karten.

Daher kommt es zu immer böseren Gerüchten:
Es werden die Flüchtlings-Organisationen verdächtigt, mit den Schleppern gemeinsame Sache zu machen.
Es wird behauptet, dass aus dem nicht abreißenden Flüchtlingsstrom die Mafia Nachschub für ihren Menschenhandel generiert.
Aber das schlimmste Gerücht ist das um die Luxus-Flüchtlinge, die sich für ihre Sippen Luxus-Jachten chartern und mit von Warlords selbst ausgestellten Dplomaten-Pässen begeisterte Aufahme bei maroden EU-Banken finden.

Das mit den Banken ist umso leichter nachzuvollziehen, wenn man bedenkt, was nach dem Brexit aus all den britischen Abschreibungs-Jachten wird, die hier wie tot in den Häfen liegen. Wer will schon einen regnerischen Liegeplatz in Pensance?

Das alles ist so perfide dazu geeignet, von der größten Katastrophe seit der Völkerwanderung abzulenken, dass man es dieser inhumanen  Gegenwart durchaus zutrauen kann...

Mittwoch, 28. Juni 2017

Abschied von einer großen Liebe

Sie war eine geduldige Geliebte. Sie wartete sich leicht wiegend an der Mole und war nach kurzem Wärmen für unsere wilden Abenteuer bereit.   Sie war eine junge Schönheit und ich ein Mann - wie man so sagt - in seien besten Jahren. Wir ritten ungestüm in den Wellen und ich jauchzte vor Lust.

Das war die absolute Freiheit. Ihr Name war eine Prophezeiung: L'ULTIMA.

Sergio hatte sie mit kundiger Hand erschaffen und nannte sie so, weil es seine letzte sein sollte. Das war sie dann auch. Zwei. Jahre nachdem er sie mir überlassen hatte, raffte ihn der Krebs dahin. Auch für mich war L'Ultima die letzte meiner Boote, aber sie hielt es mit mir aus. Weit mehr als alle anderen vor ihr zusammen.

Gestern, als ich nach 17 Jahren mit ihr schluss machen musste, zerriss es mir fast das Herz. Aber macht es einen Sinn, eine Beziehung  aufrecht zu erhalten  in der es keinen Einklang mehr gibt? Ihr versagten die inneren Organe zunehmend den Dienst, während es bei mir die Beine und das Gleichgwicht waren. Unsere Beziehung war nun geprägt von Angst: Was für Zicken kämen jetzt wieder?

 Als ich  vergangene Woche mit meinem Freund Andrea hinaus fahren wollte, hüllte sie sich unweit des Hafens in eine riesige weiße Wolke, als verkünde sie einen neuen Papst. Sie meinte wohl eher einen neuen, jüngeren Kapitän, der sie wieder reizen und aufgefrischt zu neuen Abenteuern lenkt.

Den hat sie jetzt, und ich wünsche ihr alles Glück der sieben Weltmeere, denn natürlich werde ich sie weder vergessen, noch aufhören, sie zu.lieben...



Dieses Selbstbildnis in Öl auf Leinwand
entstand 2005. In Wirklichkeit war
das Größen-Verhältnis natürlich
umgekehrt

Sonntag, 25. Juni 2017

Dopo la guerra



















Seit Tagen feuchten uns die zähen Nebel überm  Tal ein.  Nichts wird mehr trocken. Aber das täuscht nicht darüber hinweg, dass es seit gut sieben Wochen  nicht mehr geregnet hat. Schon hängen mit dem Beginn der  Hauptsaison überall die Zettel der Gemeinde, Trinkwasser zu sparen. Als ob es hier noch  ein anderes gäbe. All die Protestschreiben von Mietern und Vermietern in den vergangenen Jahren haben also zu der Verbesserung der Versorgung hier oben nichts bewirkt.

Damit beginnt in einer überwiegend harmonisch lebenden Dorfgemeinschaft eine Zeit des Argwohns. Wer verschwendet oder verbraucht zu viel?

Dabei gerät die Fürsorqglichste gerade wegen dieser Eigenschaft  und trotz ihrer Reputation ins Fadenkreuz. Aber wohlwissend ist sie darauf vorbereitet und gruppiert die Pflanzen nach Durst um. Es werden ja immer mehr, weil viele Teilzeit-Residenten die Ihrigen  gerne dazu stellen.

Wer unsere Ehe für harmonisch hält, kann sie da auch als Kleinkrieg erleben. Denn wer schleppt die Kübel unter strengsten Kommando-Ton herum? Der arme Blogger!

Und wehe, wenn ich sage, das Objekt sehe da nicht aus oder ein Pflänzchen zu seiner besten Seite drehe, geht sie mit strengem  Blick hin und korrigiert.

Bei Kriegs-Ende fallen  wir erschöpft auf unsere Stühle. Dann setze ich noch gerne eins drauf:
"Jetzt kannst du mir aber mal ein Bier holen!"

Für einen kurzen Moment ist die Piazza ohne Atemluft. Dann prusten wir lachend los, und ich gehe mir mein Bier selber holen...

Mittwoch, 21. Juni 2017

Spannende Spuren-Suche

Heute Kemenate - einst Karzer,
der nur über eine steile
Leiter zu erreichen war?
Jetzt wohnen wir bald seit zwei Jahrzehnten auf der Burg. Aber immer wieder werden wir mit der Frage konfrontiert: Was wissen wir eigentlich über unser Haus?
Gestern kam Nachbar Andrea, mit dem wir eine bauliche Kuriosität teilen, auf die Piazza. Denn sein Haus und unser Haus umschließen eine Art einstöckiges Appartement. Unten eine Wohnküche und darüber - über eine Wendeltreppe zu erreichen - eine Schlafnische und ein kleines Bad. Jahrelang hat die Wirtin unserer Gemeinde-Bar darin gewohnt und sogar mittags Essen für viele Handwerker zubereitet. Dann ist sie gleich nebenan in etwas eigenes gezogen.

Seither ist die "Baulücke" spekulativ ein paar mal verkauft worden, aber blieb meist unbewohnt. Andrea weiß, das das Abteil einmal zu seinem Haus gehört hat und hätte es gern wieder integriert. Aber der Eigentümer hat nicht nur absurde Preisvorstellungen, sondern alles so verwahrlosen lassen, dass es vollkommen verschimmelt ist.


Nicht weil ich ihn trösten wollte, sondern um die Skurrilität katastermäßig zu dokumentieren, erzählte ich ihm, dass die heutige Kemenate der "Fürsorglichsten" einmal zu seinem Haus gehört hat. Wir haben sie vom früheren Eigentümer gekauft, in unser Haus baulich integriert, damit wir darüber unsere Terrasse vergrößern konnten.
Seither haben wir zwei Kataster- und drei Hausnummern. Die zwei Neben-Hausnummern wurden uns verpasst, weil unsere Cantina einen Zugang zur Gasse hat und durch den Umbau quasi eine eigenständige Einheit, die Tür an der Piazza aber eigentlich nicht der Haupt-Eingang zum Haus ist. Zu dem führt die bereits öfter erwähnte, umstrittene Treppe mit dem diretto passagio an der Ostseite...

Romanisches Gewölbe mit gotischen Tür-
und Fenster-Portalen. Ein Gäste-
zimmer mit himmlischen Segen von einst?
Die Architektur unseres Hauses besteht aus vier Stockwerken. Als wir das Haus kauften, bestand der Boden der Cantina noch aus gestampften Erdreich. Wo heute die Waschküche ist, war wohl ein Zerwirk-Gewölbe. Den Haken haben wir gelassen. Aber wieso hat der Raum tatsächlich ein Gewölbe? Der Nachbarraum, in dem heute mein Studio mit einem kleinen Bad ist, hat nämlich keines, sonder das übliche Gebälk. Aber dafür eine große gewölbt gemauerte Back- und Koch-Esse, die weit unter die Piazza reicht. Molto strano!

Das Gäste-Zimmer, das unter dem tiefer als das Studio liegenden Zerwirk-Gewölbe liegt, hat gotische Bögen und eine romanisch anmutendes Kabinett. Jetzt kann ich es ja sagen: Als ich Malermeister Bruno bei der Renovierung mit dem Abschlagen des blasigen Verputzes half, tauchten hinter den Schollen Bruchstücke eines primitiven Wandgemäldes auf: eine segnende Hand und eine Hafen-Ansicht mit einem brennenden Schiff. Votiv-Malerei oder der Hinweis auf eine Privat-Kapelle?

Wer weiß das schon? In einem Haus, in dessen Bad das beherrschende dekorative Element ein einstiger Kamin ist. Glauben heißt ja Nicht-Wissen, aber Dran-Glauben und die Phantasie kreisen lassen, ist spannend...

Sonntag, 18. Juni 2017

Heer der Fliegen

Weiß nicht, wieso mir für Überschriften immer Verballhornungen von bekannten Titeln einfallen, auch wenn die auf den ersten Blick gar nicht so viel miteinander zu tun haben.

Als der Engländer William Golding 1954 seinen Roman "Herr der Fliegen" veröffentlichte, war nicht abzusehen, dass das Buch ein Klassiker möglicher Verhaltens-Entwicklungen von Knaben und Jungmännern werden sollte. Die Charakter-Studie von den unmündigen, auf einer Insel Verschollenen hat heute trotz aller Friedensbewegungen und humanistischer Lehr-Ansätze eine erschreckende Gültigkeit, für Kinder, die im Heranwachsen sich selbst überlassen bleiben. Eltern sollte Goldings Buch als Pflicht-Lektüre angeordnet werden.

Aber das ist ja gar nicht mein heutiges Thema, sondern mein aussichtsloser Kampf gegen das Heer von Stubenfliegen, die - trotz Fliegengittern vor allen strategisch wichtigen Fenstern - ein Terror-Regime installieren, sobald es draußen anhaltend heiß ist, und die Nächte nicht abkühlen. Während meine Frau Opfer von diversen Stech-Tierchen ist, die mich allesamt ignorieren, scheinen die gemeinen Stubenfliegen (wie passend) sich an meinem von der Pharma-Industrie kontaminierten Schweiß zu dopen.

Wie die Jungs in "Herr der Fliegen" mache ich zunehmend tückische Charakterzüge bei den Quälgeistern war: Da sind die Todesmutigen, die bis zum Schluss sitzen bleiben und am häufigsten Opfer meines Zuschlagens werden. Doch während ich mich noch freue wie einst das tapfere Schneiderlein, rückt dann die zweite strategische Einheit vor, die bevorzugt außer Reichweite auf besonders kitzligen Körperteilen landet...

Schnellste Radar-Warnung: die Facetten-Augen
der gemeinen Stubenfliege.
Quelle: Insektenmodelle.de
Nach wie vor weigere ich mich, Giftgas einzusetzen. Das hält die schwirrenden Entsatz-Truppen auch nicht lange vom Angriff ab. An unserem Gebälk zwischen Küche und Esszimmer hängt eine uralte Fliegenfalle, in die nur etwas Honig eingefüllt werden müsste. Das Ergebnis ist ergiebig aber ebenso eklig wie die guten, alten Klebestreifen die von diversen Decken hängen und der Sage nach meist in Suppentellern landen. Allein diese Vorstellung hält mich vom Einsatz ab.

So prügel ich weiter mit feuchten Handtüchern auf die Geschwader ein. Vertippe mich noch mehr bei meinen Blogs, weil sie am liebsten während des Schreibens auf meinen Händen, Fingern und Unterarmen landen.

Wenn ich dann erschöpft in meinen Nachmittags-Schlaf versinken möchte, passiert was?
Der Oberbefehlshaber landet immer genau in errechneten Intervallen auf meiner Schnarchnase...

Freitag, 16. Juni 2017

Scharfe Sache

Wieso essen die Nationen unter dem Äquator so scharfe Speisen? Erstens: Die Menschen schämen sich dort nicht, wenn sie dadurch heftig schwitzen, denn das senkt die Körper-Temperatur. Zweitens: Die Schärfe der Speisen hat einen antibakteriellen Effekt und regt durch diverse Inhalts-Stoffe stabilisierend auf Stoffwechsel und Kreislauf.
Unterm Äquator habe ich mich auf meinen Reisen grundsätzlich nach der jeweiligen Landes-Sitte ernährt. In Indien, auf Ceylon und auf der malaysischen Halbinsel sollten Ausländer es aber langsamer angehen und reichlich von den zum "Löschen" angebotenen, frischen Kokos-Raspeln und Kräutern nehmen.

Die "Fürsorglichste" mag zu scharf gar nicht - wie übrigens auch der Durchschnitts-Ligurer. Der Einsatz von frischem Peperoncino ist hier in casareccia gar nicht populär. Aber der Koch muss ja nicht exotischen Standard anwenden. Es gibt auch eine milde, eindringliche Schärfe, die den Gaumen nicht überreizt.  So konnte ich sie vor zwei Tagen mit einem Schnell-Gericht, womit ein Reisender auch in Indien auf der Straße nichts falsch machen kann, innerhalb von 20 Minuten Kochzeit überzeugen:

Indischer Knusper-Reis


Zutaten für vier Personen:

Zwei Tassen Basmati-Reis, Ein Esslöffel Korkuma. Ein Esslöffel Tandoori-Mischung.
Ein Bund grüner Koriander - wenn es geht mit Wurzeln. Einen Bund Lauchzwiebeln, Eine rote Paprika. Zwei mittelgroße Mohrrüben.  Zwei mittelgroße, frische Peproncini oder Chilli-Schoten. Ein Esslöffel indisches Würz-Salz mit Stern-Anis oder grobes Salz mit Sternanis im Ganzen mischen und beim Mörsern ein wenig Curry hinzugeben. Eine große Knoblauch-Zehe.Vier Eier. Fünf Esslöffel Öl nach Verfügbarkeit oder Geschmack. Butaris oder braune Butter.

Zubereitung:

Basmati zunächst mit zwei Tassen Wasser aber ohne Salz unter Rühren anköcheln bis zu zwei weitere Tassen Wasser weiter unterrühren. Immer wieder Biss-Proben machen! Basmati gart schnell.
Bei nur noch leichter Kernigkeit Restwassser abgießen und Reis in einer Schüssel auf Wärmeplatte ausdampfen lassen.
Wer hat, in einer Wok-Pfanne - ansonsten tut es natürlich auch eine große, bauchige - das klein gehackte Gemisch aus Paprika, Möhren, Knoblauch und den gut gereinigten Koriander-Wurzeln andüsten, die indischen Gewürze hinzu geben. Unter großer Flamme wird mit weiterem Öl der Reis mit diesem Gemisch scharf gebraten, Und zwar so, dass er flächig knusprig wird. Quasi wie ein Steak wenden und möglichst nicht zerreißen. Beim letzten Garen die jungen Zwiebeln hinzu und mit fein gehackten Koriander Bestreuen. So lange ziehen lassen, bis die vier Eier schön separiert in brauner Butter zu Spiegel-Eiern geworden sind. Dann den Reis portionieren und (Achtung Aufschrei der Veganer) das Spiegel-Ei darauf dekorieren. Fertig zum Servieren.
Bitte lasst euch durch den Stern-Anis nicht stören, der dann aussieht, als seien Spinnen mit gebraten worden... Wer den nämlich dazu  knuspert, riecht anschließend nicht und hat für eine Weile einen unheimlich angenehmen Geschmack in der Mundhöhle.

Buon appetito!




Mittwoch, 14. Juni 2017

Liebe in Zeiten des Borgos

Gabriel Garcia Marquez, der kolumbianische Nobel-Preisträger und Schöpfer so einzigartiger Beziehungs-Hymnen wie "Liebe in Zeiten der Cholera", hätte seine Freude gehabt hier im Borgo. Denn seine literarischen Gestalten erfahren hier gerade eine Art Wiedergeburt.
Sie nannten ihn Gabi. Für mich der
größte Romancier der Gegenwart
Quelle: Google Download Images

Ich sitze allein auf der Piazza und versuche zu meditieren, da schaue ich auf und denke, ich sei in einem Film. Torto unser Bibliothekar ehrenhalber und Grazia-Maria - seine einstige Sekretärin - als er Leiter des Polytechnikums war - gehen Arm in Arm über die Piazza. Allein schon das grenzt an ein Wunder, denn beide sind im Winter dem "Boanlkramer" nur knapp von der Schippe gehupft. Er hatte einen Schlaganfall, der ihn eine Zeit lang lähmte und sein linkes Auge schädigte. Sie war im Winter auf glattem Untergrund gestürzt, und hatte sich schwerste Brüche zugezogen...

Jetzt wirken sie, wie eines der schönsten Paare, die ich je gesehen habe, und das sage  ich ihnen auch:
"Sete la coppia piu bella del mondo!"

Das war ein wenig frech, wegen meines "Insider-Wissens". Schon immer war Grazia-Maria in ihren Chef verliebt, aber in ufficio ging das ja nicht, und Torto war ja auch verheiratet gewesen. Als er Witwer war, zog sie hier hinauf. Ihm nach. Und nun?

Manchmal bin ich von meinem eigenen Hang zur Romantik echt überrascht. Aber als die Beiden mir und der "Fürsorglichsten"  die Komplimente zurück gaben, blieb mir echt die Spucke weg.

Wie sie sich gegenseitig die Stufen zur Gasse hinunter halfen, musste ich Tränen fort quetschen: Gut 190 Jahre an Galanterie. Die Wirklichkeit muss sich also nicht immer literarisch erfinden.
Ist mit Macondo das schöne aber nicht
ungefährliche Catagena gemeint?
Quelle: Cartagena MOT
Hier  im Borgo ist diese Liebe Realität. In Macondo,  Marquez' erfundener Stadt, aus in "Hundert Jahre Einsamkeit" wurde sie unsterblich. Leider  bin ich nicht Marquez...

Montag, 12. Juni 2017

Und was habt ihr heute so gemacht?

Gestern kamen unsere Musik-Professoren von gegenüber gut gelaunt und schwer bepackt aus ihrer Heimat-Stadt Turin zurück. Sie waren extra zum Wählen dorthin, um einen weiteren Cinque-Stelle-Syndaco in einer italienischen Millionen-Stadt zu verhindern. Aber überall in Italien wie auch in Frankreich haben die Rechtspopulisten ordentlich eines auf den Hut bekommen. Da hat auch der Helm nichts genutzt den Beppo Grillo beim Wählen in seiner Heimatstadt Genua aufgehabt hat. Turin und Genua bleibt auch in der Stichwahl wohl das Desaster Roms erspart...
Beppo Grillo - wie immer ein Späßchen machend - beim Wählen in Genua
Quelle: DasErste.de

Ist das bereits dank Donald Trump die Abkehr von der Parolen-Politik? Das bleibt nur zu hoffen. Die beiden Musiker, die wie die meisten Intellektuellen Italiens eher linksliberal denken, lieben "Montagna Magica" von Thomas Mann genauso wie ich. Wir pflegen hier auf unserem "Zauberberg" einen ähnlichen Lebens-Stil der Kontemplation. Allerdings ohne Tuberkolose - wie Piero spitzfindig anmerkte.

Das heißt, zweimal pro Woche geht es zum Einkaufen auf die Märkte und gelegentlich an den Strand. Manuela kann sich das auch leisten, denn die klitzekleine "Pensionista" mit der ungeheuer voluminösen Stimme hat immer noch eine sexy Teeny-Figur.

Jetzt, da unsere langjährigen, deutschen Nachbarn wieder einmal ihre Aufenthalts-Intervalle beendet haben, müssen wir ob unserer Faulheit auch kein schlechtes Gewissen mehr haben.
Da die immer nur ein paar Wochen am Stück hier sind, packen sie die Tage voll mit Aktivität, was uns - die Jüngsten in diesem Kreis - natürlich ein leicht schlechtes Gewissen macht.

Aber wir haben ja eine große Teilhabe: Die einen fahren beinahe täglich große Runden durchs nahe kühlere Gebirge und entdecken dabei fabelhafte Restaurants, zu denen wir dann auch mal gemeinsam aufbrechen - wie letztlich zum Lavigna bei Rezzo. Die anderen gehen beinahe täglich zum Strand hinunter und sehen dann aus wie knusprige Brathühnchen. Zum Anbeißen!

Uns ans Ufer zu legen, trauen wir uns mit unseren "ausufernden" Figuren natürlich nicht mehr. Wir haben angst, dass uns Bratspeck-Fans beim Dösen knusprige Scheiben raus schneiden. Oder umweltbewusste Kinder decken uns mit nassen Handtüchern zu und versuchen uns wie gestrandete Wale ins mehr zurück zu ziehen...

Naja, der Witz ist nun auch schon ziemlich abgedroschen. Wie soll ich - wenn sie abends nach einem voll gepackten Erlebnis-Tag zu einem Bier oder Wein zu uns auf die Piazza kommen - die Frage denn sonst, wenn nicht spaßig Beantworten?

"Was habt ihr denn heute so gemacht?" könnte ich schnell beantworten:"Nichts!"

Aber wir wollen ja alles von den anderen erfahren und mit erleben: Den Klatsch vom Strand und die geilen Adressen aus der bergigen Provinz.

Also schmücke ich unsere Erlebnis-Tage mit heiteren Anekdoten aus. Wir eine Jung-Amsel immer gegen das helle Alu-Türblech des aufgelassenen Nachbarhauses geflogen ist, weil sie dachte, da ginge es zum Himmel. Wie sich Leih-Kater Lazaro sich nicht über sie hergemacht hat, sondern mich stattdess aufmerksam machte. Dass die Schimpferei der aufgebrachten aber ihrer Fürsorgepflicht nicht nachgekommenen Amsel-Eltern unverdienter Weise mich traf. Oder ich petze, dass die "Fürsorglichste" beim Sudoku immer nach dem Eintragen einer Zahl gleich hinten nachschaut, um sich Umwege zu ersparen. Es gibt ja so viel zu erzählen.

Dann werden wir auch wieder mitgenommen, damit wir mal unter Leute kommen. Das ergibt schöne, angeregt plaudernde Tafeln in meist malerischer Umgebung.

In Frankreich gibt es für Alters-Reise-Aktivisten eine Organisation "Le Club du Troisième Age".
Lassen es weltweit gerne krachen: Die Mitglieder des
"Dritten Alters"
Wenn ich erzählte, wo und in welchen Hochstimmungen ich diese Reise-Gruppen überall auf der Welt angetroffen habe und uns mit denen vergliche, wäre das gar nicht komisch. Wir sind mit unseren erfüllten Tagen ja jeweils ganz individuell.

Samstag, 10. Juni 2017

Vor mir die Sinnflut!

Vor einigen Tagen musste sich ein deutsches Gericht mit der Frage befassen, ob die Erb-Berechtigung auch für die Hinterlassenschaften der Verblichenen im Internet gilt. Sie wurde ablehnend beschieden.
Posts, Blogs, Tweets und Mitgliedschaften in sozialen Internet-Medien gehören dem Netz. Das entspricht der Ur-Idee des World Wide Web. Ein Erbe kann also nicht an den Computer gehen, um zum Beispiel ihn störende  Inhalte des Erb-Lassers zu löschen oder zu verändern (es sei denn er hat Zugriffs-Quellen).

Ich muss mir da keine Sorgen machen, denn bislang klicken meine potenziellen Erb-Berechtigten nicht oder nur selten meine Blogs. Sie haben einst auch kaum gedruckte Artikel von mir gelesen oder Erzählungen. Vielleicht ist ihnen das peinlich. Um so mehr freut es mich, dass die Kids , die mit meinen in einem stets "open house" aufgewachsen und mittlerweile selbst Eltern sind, zu meinen eifrigsten Lesern gehören. Eine Art Nachwuchs-Pflege?

Vielleicht ist es auch die Gewissheit, dass mit dem älter Werden Dinge in den Sinn kommen, mit denen sich Jüngere nicht auseinandersetzen wollen oder noch nicht können. Ganz so, wie sich die eignen Erzeuger beim Sex vorzustellen...

Mit den zunehmend herunter gefahrenen Erwartungshorizonten, und den engeren Radien für Aktivitäten kann es entweder zu Phlegma kommen, oder die Sinne übernehmen das Kommando.
Ich bemerke täglich Details des Daseins, die mir früher verborgen geblieben sind. Sie animieren mich nicht nur zu einer Art Meditation, sondern auch zur Reflexion.

Ich bin begierig, diese Gedanken aufzuschreiben. Wenn sich Leser daran erfreuen - gut. Wenn ich bald alleine bin mit meinen Blogs - auch gut. Denn letztlich schreibe ich - wie mein Idol Friedrich Nietzsche das sah - in erster Linie für mich selbst, um später meine jetzigen Gedanken aus der Perspektive der inzwischen vergangenen Zeit zu lesen. Vielleicht...

Also vor mit die Sinnflut!


Die Verkleinerung des Kosmos offenbart mir Dinge, die ich vorher nicht bemerkt hätte

Donnerstag, 8. Juni 2017

Possible Trump-Tweets - hacked but not sent

"Believe me! I find pussy grabbing more convenient than licking. Harms my hairdo!"

"Why shouldn't I say 'Bless me o Lord' when he's obviously allready doing it."













"Merkel is so stubborn, because nobody screws her but Mr. Erdogan."

"I only believe in fake-news I faked myself."

"Truly! When I say 'America first' I mean right after me of course"






"I can do what I want. I don't understand politics!"

"Do you know why the world thinks I'm crazy? Because the world is bad... very bad!"

"Why everybody blames the banks for Cum Cum and Cum EX? Melania always forced me that way to be quick!"



Mittwoch, 7. Juni 2017

Alte Flaschen

An manchen Tagen, wenn mich der Schelm in mir besonders hartnäckig piesackt, stelle ich mir vor, was passiert, so ich den Wanderern, die hier immer häufiger durch die Gassen über die Piazza kommen, die falsche Auskunft erteilte...

Die fragen, durstig an der Fontana angekommen meist, was es denn mit den Flaschen in vielen Hauseingängen auf sich habe.

Was, wenn ich sagte, dies sei eine Gabe für all die Durstigen von einer mitfühlenden Dorfbevölkerung, weil das Wasser von der Fontana nicht mehr so gut sei wie einst...

Natürlich mache ich so etwas nicht. Spätestens beim Anfassen und Hochheben der Flaschen bemerkten sie den strengen Geruch und die eklige Klebrigkeit: Katzen-Pisse.

Unsere meist freilebenden Dorf-Katzen sind eigentlich ständig rollig und versuchen den Mangel an Katern durch freigiebig verteilte Duft-Nachrichten auszugleichen.

Bei Häusern mit Holztüren, die zudem noch zu Gebäuden gehören, die nicht regelmäßig bewohnt werden, frisst sich das ätzend ins Holz und zersetzt es nicht nur, sondern hinterlässt einen Gestank, dem auch mit heftigem Schrubben und Bleiche nicht beizukommen ist.

Um die Urin-Strahle um- oder abzulenken, werden alte Flaschen mit Wasser gefüllt, damit sie auch bei Sturm nicht umfallen.

Wir haben Leih-Kater Lazaro, der um unser Haus seinen für uns nicht wahrnehmbaren Geruch hinterlässt, den die Katzen-Damen mit Respekt umrunden... (?)

Montag, 5. Juni 2017

Spieglein, Spieglein...

Wie nimmt einer sein eigenes Spiegel-Bild wahr? Trump soll angeblich bis zu einhundert Mal täglich seine Erscheinung kontrollieren. Sieht er dann im Spiegel tatsächlich den größten US-Präsidenten aller Zeiten?

In meinem männlichen Bekannten-Kreis lande ich in puncto Attraktivität abgeschlagen im Mittelfeld. In Bezug auf die Eitelkeit rangiere ich aber vermutlich unter den Top Ten.

Meine Beobachtung war, dass besonders schöne Menschen entweder an ihrer Schönheit zweifeln, oder aber sie bis zur Unkenntlichkeit verleugnen. Beruflich hatte ich bei Produktionen mit ein paar weltweit anerkannten Schönheiten zu tun. Eine, die in unserer Nähe wohnte holte ich ab, und wollte es kaum glauben.
"Wer hat die denn gebucht", dachte ich. Ein mausgraues zierliches Etwas im zottelhaarigen Schlabber-Look. Und dann verwandelte sie sich mitten im Schneesturm auf der Zugspitze in einen Skimoden-Schmetterling von tadelloser Schönheit...

Wenn wir hier unsere Zeitungen an der Piazza Dante holen, gehen wir immer ins Ariston. Das ist eine Bar unter den Arkaden. Zwischen zwei Bögen hängt zur Straßenseite hin ein riesiger Spiegel. Meinen Stammplatz wählte ich so, dass ich im äußersten rechten Eck unten jederzeit mein Spiegelbild überprüfen kann.
Meine Frau redet dann sowieso nichts mit mir, weil sie sich gleich in die SZ vertieft. Ich zähle sowieso nichts, weil sie die Stammgästin ist, der die Bedienungen sogar Küsschen zuwerfen, während die mich wohl für eine Art Lebend-Installation à la Duane Kane halten. Was bei eigener Überprüfung auch irgendwie stimmt: Ein Dicker mit komischen Hemden und weißem Bart.

Vor kurzem waren wir im Ariston als die nahe gelegenen Schule gerade Mittagspause hatte. Vier Mädchen und ein Adonis setzen sich rund um einen Tisch im Arkaden-Bogen und starrten sofort in ihre Smartphones, kicherten und tauschten sich aus ohne aufzusehen. Nur eine blieb stehen. Vermutlich weil sie sich im Konkurrenzkampf mit deutlich attraktiveren anderen Mädchen chancenlos wähnte... Also begann sie - unbeachtet von den anderen - ihr - ehrlich gesagt - eher langweiliges Spiegelbild zu betrachten, schnitt Fratzen und versuchte so unnahbar auszusehen wie möglich.

Aber da täuschte sie sich. Auf einmal merkte sie im Spiegel, dass ich sie beobachtete. Einer kurze Beschämung wich der Überraschung, als sie sah dass ich den I-Like-Daumen nachdrücklich nach oben hielt. Dann nach einer kurzen Pause wies ich sie auf mein Spiegelbild hin, das sie auch prompt mit einem Thumb-Up bedachte. Wir lachten beide prustend los. Was sowohl meine Frau als auch ihreTisch-Runde aus d
er Vertiefung riss. In der Annahme, sie hätten etwas versäumt, schauten sie die jeweiligen Lacher an. Aber die behielten ihr "Geheimnis" für sich.
Als die Teenies wieder zurück in Richtung Gymnasium gingen. Zwinkerte die, die mit mir ihr Spiegelbild getauscht hatte, verwegen zu.
Eine 16jährige zwinkert einem 68jährigen zu. Geht doch! We made our day...

Donnerstag, 1. Juni 2017

Natur-Schutz

Heute mal ein wenig Blasphemie - bevor die USA möglicherweise das Pariser Umwelt-Abkommen einseitig aufkündigen.

Der Natur-Schutz ist ja viel zu spät zu einer Art heiligen Mission geworden. Was wieder einmal zeigt, wie hochmütig und arrogant sich das Menschlein über alles auf der Erde stellt. Wer schützt diese einfallsreiche Spezies eigentlich davor, dass die Natur zurück schlägt? Wenn die TV-Doku von National Geographic nur von halbwegs gesicherten Prognosen bestimmt wurde, dann hat sich ein halbes Jahrhundert nach dem Aussterben der Menschen, die Natur bereits den größten Teil der menschlichen Errungenschaften zurück erobert.

Wenn beispielsweise die Riesen-Caldera unter dem Yellowstone explodiert, was nachgerade täglich passieren könnte, dann hätte das ganze Gejammer über Gen-Mais und Bienen-Sterben gar nichts genutzt. Nur die Tiere der Tiefsee, die zum Beispiel teilweise sogar in vulkanisch erhitztem Wasser gedeihen, hätten eventuell eine Überlebens-Chance. Dann ginge die Evolution wieder von den Tieren im Meer aus. Wann sich die ersten wieder an Land begeben können, hinge einmal mehr von Äonen ab.. Ob sich dann noch mal Menschen entwickeln, die vielleicht vernünftiger sind, als ihre untergegangene, allwissende Spezies, ist ein interessantes Denkmodell.

Ich finde die Frage, welche Welt wir unseren Kindern hinterlassen wollen ebenso interesseant. Vor allem wenn es darum ginge, ob wir uns nicht eigentlich vor der Rache der Natur schützen müssten.

Hier im Tal fahren wir beinahe täglich an einer einst stolzen Winzerei vorbei. Vor Jahren hat angeblich der Erbe von Rocca San Nicolao krumme Dinger gedreht. Der edle Wein, dem wir gerne zugesprochen hatten, verschwand, weil das Weingut unter Kuratel des Staates gestellt wurde. Bis Gläubiger etwas davon bekommen, dauert es. Das haben wir hier schon öfter erlebt.

Allenfalls erbarmt sich jemand, die Stöcke zu beschneiden, aber damit hat sichs auch meistens. Den Rest holt sich jetzt die Natur nach und nach zurück. In den Asphalt-Spalten wurzelt allerlei Hartnäckiges. Die Auffahrt begrünt sich nach und nach wieder selbst, und manche Fester erinnern an Dornröschen



Da ist der Kampf gegen die Macht der Natur auf unserer Piazza noch harmlos. Die Fürsorglichste aller Ehefrauen liebt Buchsbäume, die sie umsichtig zu ebenmäßigen Kugeln beschneidet. In unseren Gärten in München stand gemessen am Markt-Preis ein Vermögen fest verwurzelt. Aber aus Sentimentalität haben wir ein halbes Dutzend nach hier mitgenommen und über die Terrasse und beim Hauseingang postiert. Anderthalb Jahrzehnte hielten sie durch, wuchsen und gediehen, dann schlug erst das Wetter zu. So geschwächt waren sie in der Folge ein gefundenes Fressen für den Hauptfeind aller Buchsbäume - den Buchsbaum-Zünsler.


Dessen Eroberungs-Feldzug ist beispielhaft für Schäden der Globalisierung. Abgesehen davon, dass Buchsbäume in Ligurien eher Friedhofs-Pflanzen sind, gab es hier oben gar keine. Unsere waren wohl die einzigen auf der Burg. Also wie hat der Zünsler, eine Art Motte, von unseren Kugeln erfahren?

Wie viele andere Schädlinge hat er innerhalb eines guten Jahrzehntes sein "Netzwerk" von nach Nordeuropa transportierten Pflanzen aus Ostasien über die Alpen hinweg nach Nord-Italien und dann auch noch weiter südlich ausgebreitet. Die nimmersatten Zünsler-Raupen sind Leckerschmecker. Nur die grünen Teile des Buchses sind ihnen recht. Die Fürsorgliche will wenigstens die beiden Wächter an unserer Haustür durch radikales Zurückschneiden retten. Aber mit der Gartenschere in  den Händen und der Sprühflasche zwischen den Zähnen wirkt sie irgendwie wie das "letzte Kommando".

Während ich sie unten auf der Piazza fluchen höre, lese ich im Internet, dass der "Italienische Wolf" sich rapide über den gesamten Ligurischen Appenin ausbreitet, weil sich die einst fast ausgestorbenen hiesigen Wildschweine mit nordeuropäischen gekreuzt dank der überall eingerichteten Sanktuarien vermehren wie die Karnickel. Rom hat jetzt das gleiche Wildschein-Problem wie Berlin.

Angeblich ist diese Mischrasse schon mit sechs Monaten fortpflanzungsfähig. Luftlinie von der Burg ein Kilometer nach Osten haben wir ja auch so eine Schutz-Zone. Den Pfad, den ich früher gerne beschritt, meide ich, seit mir eine dort oben lebende Nachbarin erzählte, dass sie eine unheimliche Begegnung mit einer Bache und ihren Frischlingen hatte...