Samstag, 2. September 2017

Preisfrage

Wo ist das Leben preisgünstiger?
Wir werden oft mit dieser Frage komfrontiert, weil die Freunde glauben, dass wir das durch den Halbjahres-Rhythmus mit dem wir zwischen München und der Burg wechseln, eigentlich wissen müssten.

Verbrächten wir den Winteer hier auf der Burg, ließe sich die Frage sofort beantworten, weil die Energie-Preise durch gewisse Monopole hier oben so absurd hoch sind, dass sie Lebenshaltungskosten insgesamt verfälschen. Vor allem das Gas für die Heizung ist so teuer, dass die meisten Nachbarn auf Pelletöfen oder Solar-Energie umgestellt haben. Auch die Elektrizität, um die seit der Freigabe eine für den Verbraucher unübersichtliche Schlacht auf dem Verbrauchermarkt entbrannt ist, rangiert auf Europa-Rekordniveau.
Falls wir mit der Familie einmal Weihnachten hier feiern, kostet uns das die Summe, die wir in München im ganzen Jahr zahlen.

Wir fragen uns, wie die noch arbeitenden Nachbarn das Leben überhaupt meistern können, denn wer hier in Ligurien einen Job hat, bei dem er mit Krankenkasse und Sozialversicherung die 1000-Euromarke erreicht, gilt als gut Verdienender.

Das Geheimnis liegt am hohen Eigenheim-Besitzstand im Familien-Verbund und der Selbstversorgung über die eigenen Faschen. Tränken wir nicht soviel und gingen nicht so oft teuer essen, kämen wir spielend mit 150 Euro pro Woche aus.

Generell sind Lebensmittel hier nicht nur besser, sondern auch deutlich preiswerter. Mit Ausnahme von richtig gutem Rindfleisch. Aber auch diese Lücke wurde jetzt durch den Großmetzger im Tal und seinen angeschlossenen Laden gefüllt.

Die Supermärkte setzen so oft auf Promotione, dass Per Steinbrück erstaunt wäre, wieviele wirklich gute Weine wir für unter fünf Euro abgreifen. Meine Whisky-, Vodka- und Gin-Sorten sind hier bis zu 20 Prozent günstiger.

Die  größte Fehleinschätzung gibt es beim Restaurant-Essen. Man muss mit den Preisen beim Lieblings-Italiener daheim vergleichen! Wir unterscheiden unsere Lieblings-Restaurants hier in 70-, 90- und 100-Euro-Kategorien für zwei Pesonen. Die letzteren suchen wir auf, weil sie etwas auf der Speisekarte haben, was es sonst nirgends gibt. In kaum einem  der Restaurants steht aber ein Wein auf der Karte, der über 20 Euro zu Buche schlüge. Schon allein das macht den Unterschied zu gehobenen Restaurants in München aus. Denn da  beginnt die Weinkarte meist erst über dieser Marke...

Wir Deutschen glauben, dass die Italiener immer mit Antipasti, Primi, Secondi und Desert essen. Das tun sie höchstens bei Geschäfts-Essen oder bei besonderen Anlässen. Ansonsten nimmt man an vierzehngängigen Gelagen Getränke inklusive im Hinterland teil. Da gibt er für zehn Leute 300 Euro aus. Das würde am Meer gerade für Ehefrau und Kinderchen reichen.
In der Arbeits-Woche gehen die meisten in eine Bar ihres Vertrauens, in der es klassische Tellergerichte für unter zehn Euro gibt.
Wer sich dort - wie in meiner Lieblingsbar an der Piazza Dante - ein mit 5 Euro zugegebenermaßen teures Birra media gönnt, bekommt soviel Leckerli dazu, dass er bei kleinem Hunger durchaus satt werden kann.

Die Vertrauensfrage ergibt sich auch bei allem handwerklichen Bedarf, der nicht durch kundige Nachbarn gedeckt werden kann. Reguläre Dienstleistungen sind sehr viel günstiger als bei uns, weil das Berechnen der Anfahrt hier in den Bergen unbekannt ist, und sich bei guter Leistung eine Art Dauer-Beziehung wie  von selbst ergibt. Etwa bei unserem Elektriker und TV-Fachmann Rudolfo, der seit anderthalb Jahrzehnten sofort kommt, wenn wir ihn anrufen.

Einen Strich unter die Gleichung dieser Preisfrage zu machen, fällt also ansonsten ziemlich schwer, aber ich denke, es liefe unstatistisch auf Gleichstand hinaus.
Aber wer muss überhaupt ins Restaurant,
wenn er Gourmet-Nachbarn hat,
die sich bei Einladungen geradezu übertreffen?...
Aktuell vor zwei Tagen bei unserer
hoch geschätzten Schweizer Freundin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen