Mittwoch, 5. September 2018

Digitally Yours!

Es gibt Momente, in denen ich mich der Tränen nicht mehr erwehren kann: Wenn ich Bilder von Meinem Enkel sehe, alte Familien-Fotos oder Filme, die mir zu Herzen gehen.
Ersterer ist mit bald drei Jahren ein geübter Nutzer von Digitalem, letztere können auch echter Kitsch sein. Das liegt dann meistens an der Verfassung meiner Seele.

Der Film "Kodakchrome" gehört allerdings nicht dahin. Er ist ein Meisterwerk und streift meine eigene Biographie.
Es ist ein Roadmovie bei dem ein Sohn, seinen einst berühmten, todkranken Fotografen-Vater auf einem Trip nach Kansas begleitet. Dort existiert das letzte Labor in den Staaten, wo das einst revolutionäre E16-Processing für Kodakchrome-Filme noch zum Entwickeln durchgeführt wird. Es stellt.bald die Arbeit ein. Ed Harris als alter Fotograf und Jason Sudeikis als sein Sohn liefern absolute Glanzrollen ab. Mehr verrate ich nicht.

Außer? Ja! Auch ich habe drei Jahrzehnte auf Kodakchrome und Ektachrome gebaut, aber dann war ich  noch jung genug, um sofort von den digitalen Möglichkeiten für die Fotografie inspiriert zu sein. Seit die Smart-Phones für den Haus-Gebrauch Spitzen-Fotos liefern und in Sekundenschnell versandt werden können, fristet meine letzte Digital-Ausrüstung ein Schatten-Dasein im Schrank.

Erste Tests machte ich mit einer JVC-Digital, die die Fotografien auf Disketten speicherte. Das Ganze war noch sehr "pixelig". Die Passagiere auf einem Vaporetto in Venedig staunten, wie ich einfach die Disketten wechselte. Die Fotos konnte man nicht aufblasen, aber ich machte aus der Not eine Tugend und startete meine erste "Digitally Yours"-Serie, bei der ich via Fotoshop die Pixel zu Gemälden wandelte.


Vor ein paar Tagen las ich dann, dass Kodak in Schwierigkeiten geraten sei, weil die digitale Fotografie komplett verschlafen wurde. Dabei hatte die Firma bereits die erste Digital-Kamera entwickelt.

Wieder einmal bestätigt sich der Spruch, der Michail Gorbatschow zugeschrieben wird:

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben...

Das heute ist mein letzter Brief von der Burg. Die Zeit ist rum, und nach einer kleinen Pause melde ich mich ab 21. September wieder mit Steinen aus dem Glashaus. Bleibt mir bis dahin gewogen.

Montag, 3. September 2018

Bäume

So unspektakulär sah die Via Veneto hinauf zur Burg
noch im Jahr 1956 aus
Für ein paar Tage wohl sind wir hier auf der Burg von der Außenwelt abgeschlossen. Die Gemeinde dachte wohl, direkt nach Ferragosto seien keine Touristen mehr vor Ort. Auch die, die von hier täglich zur Arbeit müssen, werden einfach ignoriert.

Nachdem die Wurzeln der Bäume auf dem unteren Teil der Via Veneto all die Jahre nicht damit aufgehört haben, mit ihren dürstenden Wurzeln jede neue Asphaltierung von unten wieder aufzubrechen, kommt jetzt die Brachial-Gewalt in Form eines Fäll-Kommandos. Da die Bäume so stattlich sind, und auf beiden Seiten wertvoller Hausbesitz hinzu gekommen ist, kann das dauern.
Aber Burg-Bewohner seien ja wohl für Belagerungen gewappnet, dachte man sich in der oft desolat agierenden Gemeinde-Verwaltung.

Zeit für ein paar Spaziergänge oberhalb der zwei Spitzkehren.
Die süßlich klebrigen Kaki-Früchte sind vom
Geschmack her nicht jedermanns Sache,
aber um zu verrotten, sind sie zu schade
Da tragen die Bäume jetzt reife Früchte, die ungepflückt zu Boden purzeln:. Äpfel, Feigen, Mandeln, Kaki und Aprikosen. Es sind eben meist die Älteren, die sie noch gepflückt haben. Die Jungen haben entweder keine Zeit, oder es ist ihnen zu mühselig. Da die Bäume einst zur Ernährung der Sippe gedient haben, sind sie sorgsam umzäunt oder hinter Trockenmauern geschützt. Und dort darf sie eben keiner aufsammeln, der nicht Eigentümer oder zumindest mit denen verwandt ist.

Schwund ist! Ein Paradies für Tiere, die sich nicht an menschliche Gesetze halten müssen. Bei uns hier hat das Sprichwort "der Apfel fällt nicht weit vom Stamm" eben eine ganz andere Bedeutung. Man kommt einfach nicht ran!

Freitag, 31. August 2018

Regen

Du machst ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter! Dieser Spruch gilt für alle diejenigen, die die Sommer-Monate hier waren, ganz sicher nicht. Für die Touristen, die nur begrenzte Zeit hier oben sind, ist das zwar schade, aber die Residenten, sind einmal froh, dass sie ihre Faschen nicht wässern müssen, und wir Dolce-far-niente-Anhänger sind doch dankbar für die Abkühlung von über zehn Grad, die auch die Hoffnung beflügeln, dass die Wasser-Situation sich wieder zum Positiven wendet.

Das Leben mit der gewohnten Ausstattung, lässt uns gerne vergessen, dass die schweren Logistik-Probleme hier oben in den engen Gassen gerne vergessen werden. Nur mit einer Ape funktioniert die  An- oder Ablieferung in die Häuser an der unteren Piazza. Das allein erfordert aber schon Millimeterarbeit von den Fahrern; wie wir das vom großen Umzug vor zehn Jahren noch in Erinnerung haben.

Kurz vor Ankunft der Rest-Familie hat unsere treue Waschmaschine in der Cantina nach Jahrzehnte langer Zuverlässigkeit ihren Geist aufgegeben.

Jetzt gilt es schnell, wieder Ersatz zu beschaffen, bevor die Hitze uns wieder erreicht.  Erfahrungs gemäß wird dann gerne abgewunken, wenn die Firmen von der Herausforderung der Lieferung erfahren...

Mittwoch, 29. August 2018

Lernen mit den Mafia-Jägern

Habe ich mich vergangenen Samstag darüber geärgert, dass ich nach bald zwei Jahrzehnten auf der Burg immer noch nicht genug Italienisch kann, um einem Vortrag mit Bildern folgen zu können.

Erst jetzt bin ich dann auf die Idee gekommen, mir mal auf meinem Streaming-Dienst alles in Italienisch anzusehen. Tatsächlich unterstützt da die Handlung mit eindeutigen Bildern das Grundverständnis.

Dass ich dann bei der Top-Serie Squadra Antimafia  hängen geblieben bin, hängt mit dem Ort der Handlungen zusammen, die überwiegend auf Sizilien spielen, und im Gegensatz zur einzigartigen Mafia-Oper "Der Pate" das Unwesen nicht romantisiert, sondern als blutiges Geschäft ums Überleben auf beiden Seiten darstellt.
Sehen selbst wie Gangster aus und wechseln selten
ihre Kleidung

Es wird einem im Komplex klar, wieso sich die Ordnungshüter, trotz ihrer speziellen Ausbildung, so schwer tun, zu obsiegen. Die Clans verändern ständig ihre Struktur und können das, weil sie bis hinein in hohe öffentlich Ämter vernetzt sind, und das gute, alte Pyramiden-System perfektioniert haben.

Auch in Wahrheit haben Staatsanwaltschaft und Spezial-Kräfte immer nur Zugriff auf eine Ebene. Wenn sie die abgearbeitet haben, hat sich womöglich unter oder über ihnen eine neue Struktur gebildet.

Ganz selten wird einer der Drahtzieher oben erwischt. Dann ist es aber meist ein Opa, der seit Jahren in irgend einem Versteck ein Leben ohne Qualität, aber mit Macht lebt. Die älteren Herrschaften werden der Öffentlichkeit meist als großer Fang von Leuten mit Staatsmacht präsentiert, die auf unsichtbaren Kanälen flugs dem Staat eine neue Drainage anlegen. Nicht selten mit Unterstützung von Klerikern, für die imposante Bauwerke erschaffen werden.

Je schöner die Darstellerinnen, desto schneller
sind sie mit der Waffe
Doch zurück zum Lernen aus einer Serie. Hier spielt die Handlung einmal nicht in Palermo, sondern Zwischen Trapani, Catania, Syrakus und  an der Costa Faraglione, die ich von Reportagen gut gekannt habe. Am Fuße des Ätna, der ja gerade mal wieder ausgebrochen ist, hatte ich zufällig mit einem Mafia-Boss zu tun, der einem Ferien-Club durch die Nutzung seiner Wasser-Rechte den Garaus gemacht hatte:. Ein charmanter Bursche meines damaligen Alters, der auftrat, wie eine Wiedergeburt des Heilands - in weißen Klamotten und schulterlangen schwarzen Locken. Nur der Respekt, der ihm entgegen gebracht wurde, ließ jede Sympathie erstarren.

Mit mir sprach er amerikanisches Englisch, denn er hatte ein Master-Degre in Jura von einer reputierten Law-School. Sein sizilianischer Dialekt, den er mit seinen Leuten sprach, hatte kaum etwas mit dem Italienischen zu tun, das ich sonst zu hören bekam. Ein angst machender Duktus!

Chef-Jäger  und Ober-Schurke: 
Nach den 20 Folgen der sechsten Staffel stapelten sich die Mordopfer in etwa bis zur Höhe des Kirchenschiffs der Kathedrale von Catania. Wie durch ein Wunder überlebt der Chef-Jäger mehrere schwere Verletzungen, während der absolute Schurke den Häschern immer wieder um Schuss-Länge entkommt.

Am Streaming ist so toll, dass der Zuseher jederzeit anhalten kann, um Redewendungen bei einem Übersetzer wie PONS in verschiedenen Varianten zu verstehen.

Von Folge zu Folge kapier ich mehr und bin sogar in der Lage, das Phonetische richtig geschrieben wiederzugeben...

Es besteht also noch Hoffnung.

Montag, 27. August 2018

Kultur-Zeit

Die Tage werden kürzer, die Schatten länger. Die meisten Touristen haben das Dorf nach Feragosto verlassen. Aber das wichtigste: Nach ergiebigen Regen ist die absolute Hitze dieses Sommers wohl gewichen. Nachts fällt das Thermometer bereits unter die 20-Grad-Marke, was entspanntes Schlafen ermöglicht.

Ugo der Unermüdliche eröffnet die Bibliothek als Kultur-Zentrum
Soll aber keiner denken, dass auf der Burg dann nichts mehr los ist. Ugo der über 90jährige Antreiber für die Pflege des kulturellen Erbes hat sein Versprechen wahr gemacht, und die erste Veranstaltung in die von ihm ins Leben gerufene städtische Bibliothek in der Via dei Principe gebracht.

Und siehe da: Selbst vom Hauptort kamen Interessierte, um den Vortrag des Ehepaars Trincheri über die heimische Vogel-Welt zu sehen. Ich gebe nicht vor, alles vom Gesagten verstanden zu haben. Aber das Essentielle schon. Wir sahen in den minutiösen Aquarellen von Pierangela viele Arten, die in den letzten Jahren wieder durch den Borgo flattern.

Natürlich wurde das Verspeisen vieler Singvögel in der Vergangenheit angeprangert. Natale Trincheri konnte das in seinem Exkurs nicht ausklammern, aber angesichts des hohen Durchschnitts-Alters der Anwesenden, ging er diplomatisch vor. Er prangerte nicht die Jagd als solche an, sondern die Methoden wie Spann-Netze und Leimruten...

Wen der Weg mal in unser Dorf führt, der sollte sich auf alle Fälle das Buch der beiden ausleihen:

"Il Rissoso Pettirosso E Gli Altri"

Man muss nichts verstehen, die meisterhaften Aquarelle sprechen für sich, und die Namen der Vögel heißen hier im ligurischen Dialekt sowieso in jedem Tal anders...

Klar, dass bei soviel Gehirn-Futter auch Kehle und Bauch nicht zu kurz kommen. Das ist hier eben Lebensart. Und da in der Bibliothek so viele anwesend waren, kam auch zum "Cena in Pizza" gestern eine neue Rekordzahl. Wieder einmal sprachen Menschen miteinander, die sich sonst lieber aus dem Weg gehen... Von fünf bis zwölf war Volksfest-Stimmung.

Freitag, 24. August 2018

070 mit der Lizenz zum Vertrotteln

Ehrlich gesagt könnte ich manchmal vor Wut in den Teppich beißen, wenn mir mein Gehirn wieder einmal einen Streich spielt oder einfach nicht so funktioniert, wie ich es mal von ihm gewohnt war.
Da helfen mir auch das zustimmende Seufzen von Altersgenossen oder die mitleidigen Minen meiner Kinder nicht weiter.

Als alter Besserwisser ist das besonders peinlich, weil du ja brillieren willst: "Das hat der doch gar nicht gesagt, sondern das ist von äh, äh, ah!"
Gerade hast du den Namen noch auf der Zunge gehabt, nun ist er auf Nimmer Wiedersehen im Gemenge deiner Synopsen verschollen. Du wühlst und wühlst, aber es kommt kein Ergebnis aus den verwirrten grauen Zellen...

Ganz schlimm ist das in Zeiten des Smartphones, wenn meine Adepten müde lächelnd das richtige Ergebnis im Handumdrehen beisteuern. Auch ich fange langsam an mich immer häufiger mit "ok google" an die Frau in meinem Handy um Auskunft zu wenden. Aber jedesmal schäme ich mich noch für diese Schwäche. Ich will selbst obsiegen, und da:passieren echt verrückte Dinge:
Neulich wollte ich eine Literatur-Empfehlung geben. "Unter dem Vulkan" von äh, ah. Ist auch super verfilmt worden mit dem äh, ah - ihr wisst schon. "Tom Jones - zwischen Bett und Galgen" der mit dem Sir vor dem Namen...

Das reichte. Ich rannte hoch zum Computer und gab tatsächlich  wie durch Zauberei die gesuchte Antwort "Malcolm Lowry" ein. Und weil er mir da immer noch nicht einfiel, kam so dann auch "Sir Albert Finney" daher.

Inzwischen bin ich beim Vertrotteln schon fortgeschritten. Ich sage nicht mehr äh, äh, sondern: "Leute, machen wir mit einem anderen Thema weiter, in einer halben Stunde sage ich es euch, sonst googelt es einfach.

Meine um ein Jahrzehnt jüngere Schweizer Freundin, hat mir jetzt mit einem Link quasi Teil-Absolution gewährt, den ich all den  70jährigen unter meinen Lesern hiermit weiter reiche:

https://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/Die-Lizenz-zum-Vertrotteln/story/31518136


Mittwoch, 22. August 2018

Wasser

Sehen wir die Zeichen? Der Nestlé-Konzern streitet mit der Gemeinde Vittel, wem eigentlich das Nass mit dem berühmten Namen gehört. Der Pepsi-Konzern hat gerade Soda-Stream, das Soda-Wasser zum Selbermachen für zu Hause, übernommen. In Süd-Afrika besteht der Verdacht, dass wertvolles Trinkwasser den Townships vorenthalten wird, damit die "Townys" Mineralwasser kaufen.

Seit vier Tagen hängt hier unten am Eingang zum Borgo ein Schild mit kryptischen Text, nachdem die Bürgermeisterin Tallone den Gebrauch von Leitungswasser für andere Zwecke untersagt, und vor dem Genuss des selben aber warnt, wenn es nicht abgekocht wurde.

Was läuft da ab? Das Wasser kommt aus der Gegend Pieve di Teco, wo es seit der Hitzewelle häufig ertragreiche Gewitter gegeben hat.

Ungeachtet der Warnung trinken wir täglich bei dieser Hitze unser im Soda-Stream aufbereitetes Wasser. Es geht uns immer noch gut. aber die Touristen, die den Borgo gerade füllen, obwohl die Message der Syndaca ausschließlich und dennoch widersprüchlich in Italienisch gehalten war, schleppen Sixpacks der gängigen Marken hoch in ihre Ferien-Wohnungen.

Wasser ist das Erdöl der Zukunft, dass wird jedem klar, der sich mit diesem "Science-Fiction-Thema"ernsthaft beschäftigt. Vor allem  nachdem in den letzten Tagen auch Großstädte Versorgungs-Probleme haben, . Aber allenthalben in Panik zu machen, verändert die Sachlage nicht. Zwar haben 750 Millionen Menschen laut UN schon jetzt keinen Zugang zu sauberem Wasser, aber es liegt tatsächlich eher an der Politik, die Situation zu verbessern. - Selbst wenn in Ausnahmefällen Tankwagen eingesetzt werden müssen, ertrinken doch anderen Ortes Menschen in den Fluten des Starkregens. Die Trumps dieser Welt sollten aufhören, Veränderungen im Klima zu leugnen und eher Geld für die Verbesserung der Zustände in die Hand nehmen, statt immer mehr in Rüstung zu stecken...

Daniel Craig rettet als 007 die Welt vor
den Wasser-Piraten
Im ZDF lief vorgestern - was für ein Timing! - der James Bond-Film ein "Quantum Trost". Bei dem es bereits um die kriminelle Verteilung von Trinkwasser ging.

Ganz sicher - liebe Leser! Ich gehöre nicht zu den sogenannten Verschwörungs-Theoretikern. Aber es ist schon komisch, dass sich in solchen Europa weiten Hitzewellen, diejenigen in den Vordergrund drängen, die ihren zukünftigen Gewinn auf die Verteilung von reinem H2O ausrichten.



Montag, 20. August 2018

Der Müllmann

Montag, Mittwoch und Freitag werde ich pünktlich um 8Uhr30 von unserer Müllabfuhr geweckt, der ich hiermit ein großes Kompliment ausspreche. Bevor der Müll zu muffeln beginnt, ist er auch schon wieder fort.
Im Leerlauf düst Ludevico rückwärts mit seiner Ape von der abschüssigen Weggabelung vor die Burg. Unter der Piazza ist quasi in einer Art Aushöhlung Platz für sieben Tonnen, denn hier wird äußerst akkurat auf Müll-Trennung geachtet.

So ein Kuddelmuddel
muss unsere Ape nie
transportieren
Ludevico muss Samthändchen haben, denn nur beim immer überbordenden Glas-Container (ach all die geleerten Flaschen !!!) hört man ein leises Klingeln. Ansonsten ginge die Leerung fast geräuschlos von statten. Ginge, wenn nicht Wanda - unsere Dorf-Lautsprecherin - von der oberen Piazza mit liefe, um allerlei Neuigkeiten auszutauschen. Den Dialog setzen sie genau unter meinem Schlafzimmer fort. Einen Vorab-Nutzen der Nachrichten-Lage habe ich dadurch aber nicht, weil sich die beiden im ur-ligurischen  Dialekt austauschen. Nach einer Weile wird der Müllmann, der ja auch noch andere Aufgaben in der Gemeinde hat, ungeduldig. Letztlich ist es daran zu merken, dass er seiner Ape voll Stoff gibt und verwegen den Zickzack-Kurs durch die Gassen nach oben auf die Konsortiums-Straße jagt.

Ob das der Flucht oder  der  schnellen Nachrichten-Übermittlung zum Haupt-Ort dient, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber immerhin präsentiert sich die Borgata stets proper.

Ein Hoch auf eine Ape wie diese von Piaggio. Ohne die liefe
in den meist autofreien Bergdörfern
Liguriens gar nichts



Freitag, 17. August 2018

Erb-Feindschaften

Eine Dorfgemeinschaft ist bisweilen wie ein Teich, in dem unter der glatten Oberfläche mehr Hechte schwimmen als Karpfen. Oben spiegelt sich das ganze in freundlich, bunten Farben, aber wer den Fehler macht, ein zu tauchen, wird auf einmal mit düsteren Wahrheiten konfrontiert. Also fragen wir nicht nach, wenn wir merken, dass eine Sippe den Kontakt zur anderen meidet.

Ganz blauäugig haben wir für die Piazza-Abendessen einfach alle zusammen getrommelt. Und siehe da. Für einen Abend redeten alle mit allen. Aber Konsequenzen für den Burg-Frieden gab es daraus nicht.

Da wir von wirklich allen immer freundlich begrüßt und nach dem Befinden gefragt werden, ist das auch gut so.

Was aber an Dorf-Tratsch in unsere unkundigen Ohren gelangt, lässt uns manchmal vollkommen erschüttert zurück. Da wird seit Jahrzehnten vor Gericht gerungen (nicht nur weil die Justiz hier so langsam ist, sondern weil es Wege für immer wieder neue Klagen und Gegenklage gibt).

Bis der Hammer fällt, vergehen oft Jahre
Viele Dinge, die wir erledigt haben wollten, wurden mit Handschlag besiegelt, auf den wir uns dann verlassen konnten. Aber untereinander leiden die Dörfler oft an akuter Vergesslichkeit. Wer früher einen Vertrag für etwas wollte, galt als renitent. Aber selbst existierende Verträge weichen auf einmal von einander ab, was die Rechtsfindung nahezu unmöglich macht.

Ein sehr beliebter Vize-Bürgermeister und Mit-Initiator der Konsortiums-Straße, war den Streit hier oben derart leid, dass er in den Hauptort hinunter zog, obwohl er im Borgo ein paar schöne, renovierte Häuser sein Eigen nennt.

Ganz schlimm wird es, wenn ein vernetzter Erblasser im Sterben liegt, dann werden heimlich und rechtzeitig Positionen eingenommen, um den oft gewaltigen Nachlass an Latefundien zu sichern. Wer seiner Meinung nach dabei zu kurz kommt, rächt sich mit Gerüchten und möglichen Schikanen. Sie fangen beim Wegerecht an, gehen mit Anzeigen von nicht genehmigten Umbauten weiter und enden bei gemeinsam abgrenzenden Mauern noch lange nicht

Wir hatten uns vorher über das "Ligurische Wesen" so schlau gemacht, dass wir niemals davon ausgingen, zur Dorfgemeinschaft zu gehören. Und dieser Status quo lässt uns in einer Blase des Wohlgefallens schweben.

Gut, dass unsere Kinder das Haus hier unbedingt übernehmen wollen...

Mittwoch, 15. August 2018

Tand! Tand! - Tand?

Der Mobile Mensch fährt vielleicht millionenfach über Brücken, ohne sie wahr zu nehmen. Sie sind eine Selbstverständlichkeit und nicht selten sind wir von ihren wagemutigen Konstruktionen beeindruckt, vergessend, dass sie von Menschenhand geschaffen wurden.

Als logische Verbindung von A nach B, wenn ein Fluss oder ein tiefes Tal weite Umwege verlangt.
In der Vergangenheit waren sie auf beiden Seiten dann wegen des verbesserten Handels oder des verkürzten Weges Anlass für blühende Ansiedlungen, in denen dann auch die Brücke für die Namensgebung hervor gehoben wurde:  Cambridge, Innsbruck, Saarbrücken oder hier bei uns in Ligurien Ponte di Nava.

Der Begriff Brücke wurde zum Symbol. Der Papst zum Beispiel ist der "Pontifex maximus", der oberste Brückenbauer zwischen der Erde und Gott, den er auf ihr vertritt. Für Brücken von einem Zahn zum anderen ist der Zahnarzt zuständig und so weiter...

Wenn ein Brücke kaputt geht und Menschenopfer fordert, gibt es ein jähes Erwachen.
Zwei besondere literarische Werke möchte ich hier für die Symbolik von Schicksal und Tragödie hervor heben.
Zum Einen"Die Brücke von San Luis Rey" in dem Nobelpreis-Träger Thornton Wilder das Schicksal derer nachzeichnet, die bei dem Einsturz der Hängebrücke 1714 ums Leben kamen. Theodor Fontane war von dem Eisenbahn-Unglück mit der Brücke über den Firth of Tay am 28 Dezember 1879 derart ergriffen, dass er ihm eine Ballade widmete, die vielleicht nicht jeder auswendig gelernt hat. Aber seine Quintessenz ist auch heute noch gültig:










"Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand!"

Aus dem Blickwinkel des überbordenden Technologie-Zeitalters haftet so einer Reminiszenz etwas romaneskes an. Aber wenn einen die Gegenwart mit der eingestürzten Autobahn-Brücke von der A10 bei Genua konfrontiert, denkt wohl keiner an eine dichterische Aufarbeitung oder den Vergleich von Opferzahlen. Auf die Menschen verachtende Geldgier, die Gutgläubigkeit beim "Einfach-weiter-so" der Verkehrs-Verantwortlichen und die laschen Kontrollen lässt sich halt nur schwer ein Reim machen...

Montag, 13. August 2018

Lasst uns doch wenigstens die Sterne zum Träumen!

Seit der Mensch auf Erden die Vorherrschaft als Homo Erectus und Homo Sapiens errungen hat,sieht er in den Sternen über ihm eine steuernde Kraft. Das tat er längst bevor er entdeckte, dass die Erde keine Scheibe, sondern ein rundliches Gebilde ist  Astrologen und Astronomen nahmen mit Forschung oder Scharlatanerie Einfluss auf das Weltgeschehen. Was sie aus der Konstellation der Gestirne zu sehen vorgaben, gipfelte auch in Weissagungen des Maya-Kalenders oder im Horror des Nostradamus...

Seni mit dem toten Wallenstein

Aus Deutscher Sicht denke man nur an Wallensteins Weissager Seni oder als  forschendes Gegengewicht an Kopernikus. Astrologe der eine,Astronom und Mathematiker der andere.

Noch immer haben Astrologen ihre Anhänger, sonst gäbe es nicht überall Horoskope;- selbst in seriösen Zeitungen und Zeitschriften.

Voran gebracht hat uns aber allein
die Astronomie seit Galilei. Gerade in der vergangenen Woche ist am Beispiel des S2 - entdeckt quasi am Ende der Galaxis - Einsteins Theorie von den Schwarzen Löchern und der Wellenlänge der Farben bestätigt worden. S2 wird der erste für uns "sichtbare" Stern, der von einem gewaltigen "Schwarzen Loch" verschluckt wird.

Aber wer wird in die Ferne schweifen. Von unserer Terrasse hier konnten wir live mit Nachbarn das Andocken des Discovery-Shuttles an die ISS beobachten. Am 4. Juli  2006 ließ das "Internationale" der Raumstation noch friedliche Gedanken zu. Mit Thomas Reiter war auch ein Deutscher Astronaut im Orbit.

Wie hat sich die Welt in den zurückliegenden 12 Jahren derart vom Kurs abbringen lassen. Jetzt scheint mir jede Nacht auf der Terrasse, die letzte friedliche Zuflucht zu sein, nachdem bei jedem Öffnen der Nachrichten, nur noch von Gewalt, Terror und menschlichem Größenwahn berichtet wird.

Und natürlich allen voran US-Präsident Trump, der die Falken in seinem Verteidigungs-Ministerium mit abstrusen Weltraum-Kriegswaffen von Star-Wars träumen lässt...

Wie wäre es, wenn POTUS sich mal nächtens auf einem seiner Golfplätze platt hin läge und seinen Blick auf die Unendlichkeit richtete. Vielleicht käme ihm dann zu Bewusstsein, dass er nur das Quäntchen von einem Bakterien-Schiss ist. Beim Welt-Untergang vermisst uns in der Unendlichkeit der Galaxien nämlich keiner.
Ach wär's  doch kein Aberglaube, dass mit jeder Sternschnuppe
im August ein Wunsch in Erfüllung ginge...
Alle Bilder Wikipedia



Übrigens: Schon einmal darüber nachgedacht, wieso Science-Fiction-Filme meist von den Szenarien gegenseitiger Vernichtung ausgehen?

Weil der Mensch nicht anders denken kann?

Freitag, 10. August 2018

Lebensläufe und Legenden



Wer früher Französisch als Hauptfach hatte, kam an ihnen nicht vorbei: LES LETTRES DE MON MOULIN. von Alphonse Daudet (1840 bis 1897). Sie dienten diesem Blog in der Machart als Vorbild, wenngleich sie ja nicht die literarische Qualität anstreben.

Die "Briefe von meiner Mühle" waren eine Zusammenfassung von angesammelten Alltags-Geschichten, die er seit 1869 gesammelt hat und erst ein Jahrzehnt später in Buchform erschienen. Sie bedienten den Zeit-Geschmack der Post-Romantik. Daudet hat niemals in der Mühle gewohnt, die ihm "angedichtet" wurde. Er nahm sich einfach die Freiheit der Verknüpfung, wie es Autoren geziemt
Anders als Daudet schreibe ich tatsächlich von einem ligurischen Burg-Hof aus. Die Personen sind alle real, wenngleich ich ihnen keine Klar-Namen gebe und ihre Legenden und Lebensläufe munter durcheinander werfe.


Vor allem die deutschen Bewohnerinnen übertreffen sich in Kenntnissen, wer von wem abstammt, was der oder die auf dem Kerbholz hat und welche Liebschaften zu Mesalliancen geführt haben.

Ein journalistischer Wahrheitsfinder hätte bei dieser Fülle an "fake news", die sich allein aus dem Zuhören ergeben, Schwierigkeiten zwischen Lebenslauf und Legende zu unterscheiden. Da habe ich es leichter. Ich nehme das Beste aus dem Kuddelmuddel und verwebe das zu meinen Briefen.

Dichtung ist die einzige Wahrheit und die wird wahrer je länger einer sie verbreitet.
Alphonse Daudet hat die 60 nicht erreicht und dennoch ein gewaltiges Werk hinterlassen, das über den Schul-Stoff  hinaus ging, aber im Deutschen kaum Niederschrift findet.

Ach da fällt mir ein, dass ich kürzlich eine noch holperige Mail in Deutsch von einem russischen Schüler bekommen habe, der  "Briefe von der Burg" im Unterricht übersetzt. Ist ja schon mal ein Anfang...
Unseren Borgo gibt es tatsächlich,aber wie alle realen Dinge
ist auch er dem Wandel unterworfen. Dieses Bild vom oberen
Dorfrand entstand an Ostern 2006..
Der Trampelpfad aus Bau-Schutt war im Jahr zuvor noch
ein munter murmelndes Bächlein

Mittwoch, 8. August 2018

Die andere Persspektive

Ameisen, Ameisen, Ameisen, Ameisen,, Ameisen :
Unser Borgo ist so bewohnt wie selten, aber da alle am  Strand sind oder in den kühlsten Winkeln ihrer Häuser verweilen, ändert sich für uns eigentlich nichts. Aber das ist alljährlich der Moment, in dem ich in die kleinste denkbare Perspektive wechsle.

Jede Stunde halte ich meinen Kopf unter die Fontana, Zunächst wasche ich mir mit dem handwarmen ersten Schwall das Gesicht, dann drehe ich auf und lasse das kalte, kühle Quellwasser über Nacken und Rücken strömen.  Tropfend und triefend wanke ich zu meinem im besten Windkreuz postierten Stuhl und versuche auf dem selben an überhaupt nichts zu denken. Ich strebe wirklich ernsthaft die schwarze Null in meinem Gehirn an, aber wie so oft gelingt mir das nicht.

Das von meinem Kopf tropfende Wasser und der Geruch meiner nassen Haut, erinnert mich an die Zeiten, in denen ich als Schwimmer und Taucher nicht aus dem Wasser zu bekommen war. Wenn es auf die mit Kieseln bepflasterten Piazza tropft, sind  sie aber auch schon da: Die aller kleinsten Ameisen, die wir zu fürchten aber auch zu bewundern, gelernt haben. Und natürlich komme ich nicht zum Nicht-Denken.
Sie geben so manche Rätsel auf. Wieso war der Schatten auf der Piazza eben noch ohne Leben, und wieso sind sie dann sofort da, wenn sie das Wasser riechen?  So ganz klar können sie in ihren winzigen Köpfchen bei der Hitze auch nicht sein.

Ich habe das bestimmt schon einmal geschrieben: So lange die Winzlinge im Bereich der schwarzen Kiesel sind, rasen sie durch die Lücken wie in einem Labyrinth, aber wenn sie im Bereich der weißen Kiesel ankommen, klettern sie auf einmal hoch und drüber, um Ausschau zu halten. - Vielleicht um endlich die "Direttissima" zu den schnell verdunstenden Wasser-Stellen unter meinem Beobachtungspunkt zu erreichen.


Ich habe mit den aller Kleinsten kein Mitleid. Wo immer wir im Haus nur einen Krümel Essbares fallen lassen, stürzen ihre Hundertschaften aus welchen Winkeln auch immer, um ihn zu zerlegen und fort zu tragen. Meine Frau ist oft nahe an der Hysterie wenn Legionen plötzlich aus kaum wahrnehmbaren Kachel-Fugen kommen. Vor Angst wäscht sie das
Geschirr immer zweimal..
Heraus zu finden, woher mitten in der Wüstenei der Piazza das Wasser kommt, scheint ihnen keine Mühe zu machen. Aber die Späher können dann meist dem Ttross nichts mehr vorweisen. Dann wird auf Abdomen getrommelt und es beginnt ein hysterisches Tänzeln.
Fühle ich mich überlegen? Habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich ihnen anderen Ortes mir "Massenvernichtungswaffen" den Garaus mache?
Nein, nein, nein, nein, nein!
Aber vielleicht doch ein Bisschen, weil ich sie bei dieser Hitze bewundere für ihre Agilität und ihre orientierungslose Emsigkeit zu meinen Füßen. Aber die absolute Null in meinem Hirn haben sie leider sabotiert.

Montag, 6. August 2018

Hitze-Streik

Natürlich habe ich zu meinem Laptop nicht ein so inniges Verhältnis wie Axel Hacke einst mit seinem Bosch-Kühlschrank. Er redet nicht mit mir und ich nicht mit ihm. Mein Handy redet ja neuerdings mit mir, was mich immer wieder erstaunt, wenn ich mal die falsche Taste gedrückt habe.

Das Leben meines Laptops weist hingegen manche Parallelen auf. Als er nicht mehr "State of the Art" war, wurde er von seinem ersten Herrchen schnöde verschenkt und diente meinem Sohn als Basislager für verschrobene Gedanken, bis auch er ihn für so ein schickes Gerät mit Apfel darauf ersetzte.

Als mein Friedhof der Toten Computer immer mehr Schrott angesammelt hatte, ging mein Sohn daran, aus allen elektronischen Leichen Essentials auszubauen, Festplatten neu zu formatieren und alles mit dem Zeugs zu machen, was ich nur unverständlich und mirakulös fand. Am Ende der Umverteilung meldete sich mein Laptop zum Dienst zurück. War ich nicht auch vor Jahren als zu alt ausgemustert und später durch Ersatzteile wieder belebt worden worden?

Angeschlagen von der brutalen Hitze, hat sich unser Verhältnis in ein persönliches gewandelt. Aber ich habe seine Signale dennoch überhört. Texte gingen plötzlich nicht weiter, Streams stotterten und dann kam das böse Brummen, mit dem er sich verabschiedet hat. Er hatte eindeutig Fieber. Meine Finger konnten kaum das Gehäuse berühren. Alle Tricks meines Sohnes, die zu Wiederbelebung führen konnten, wirkten nicht. Ein Tastendruck und aus war es.

"Die Fürsorglichste von allen", die kaum mehr eine Ahnung von Computern hat, und auch noch stols darauf ist., sagte in ihrem fürsorglichen Tonfall:
"hast du eigentlich mal geguckt, wie heiß es heute ist. Der arme Kerl will sich abkühlen, und wusste keinen anderen Weg.  Warte nur bis heute Nacht, dann geht er wieder."

So war es dann auch. Mein Laptop und ich - aussortiert, aber mit noch genügend Power für gemeinsame Texte...

Samstag, 4. August 2018

Was für eine Sauerei

Bislang war ich der Meinung Yuccas und Küchenschaben strebten die Weltherrschaft an, aber nun holen die Wildschweine auf. Sie belagern und stürmen nicht nur die Bundeshauptstadt Berlin, sondern machen sich an vielen Stätten in Europa auf den Vormarsch. Dabei grunzen sie das Partisanen-Lied: Sau bella Sau, bella Sau Sau Sau!
Eine Überraschung, auf die man im
eigenen Garten gerne verzichten mag

Weil sie hier oberhalb von uns eine Schutz-Zone haben, konnte sich ihr Bestand Jahr für Jahr nicht nur erhöhen, sondern auch ihre Dreistigkeit wuchs. Spaziergänge waren auf einmal gefährlich, weil einem auf den Pfaden ganze Rotten entgegen kamen. Domenico der Ex von meiner besten Freundin, war so erbost als eine Bache seine Trauben futterte, dass er sie jagdfrevlerisch von seinem Balkon mit einer Lupara erlegte. Deren Fleisch verschwand übrigens spurlos in diversen Tiefkühl-Truhen, wie es kaum ein erlegtes Tier auf die Teller nicht Einheimischer schafft. In meiner Eigenschaft als Obelix hätte ich schon gerne mal mehr auf dem Teller als das zerhackte Knochenzeug in Soße, das man dem Fremden anbietet.

Vielleicht wird es ja besser, wenn die Invasion der  Schwarzkittel bis in die Talsenke hinunter weiter geht. Unser Bio-Traumpaar jedenfalls hat gestern durch Wildschweine im Gemüse-Garten einen schweren Rückschlag hinnehmen müssen, als die sehnlich erwartete Reife ihrer Tomaten jäh nieder gewalzt wurde. Nicht weil die Grunzer sich am Gemüse delektiert hätten. Nein, sie wühlten nur die frisch gewässerte Erde auf, um sich darin zur Abkühlung zu suhlen. Die zerquetschten Paradeiser wurden gewisser Maßen als Badezusatz genutzt.

Donnerstag, 2. August 2018

Auf die Schnelle: Friggitelli

Tausendmal berührt, tausendmal nicht richtig probiert. So sah bis vor wenigen Tagen mein Verhältnis zu den kleinen grünen Paprika-Schoten aus. Mal hielt ich sie für die kleinen Scharfmacher, die der Fremde zur Belustigung im Orient gereicht bekommt, mal als zu dünn wandig und zu klein, um daraus irgend etwas Gefülltes zu kreieren.

Da mussten erst der Bio-Hipster aus Kalabrien und seine Schweizerin kommen, um uns auf Gaumen-Höhe zu bringen. Sie bauen die Peperoni Friggitelli an, und deshalb bekommen wir sie im Rahmen unseres  Abos ein paar mal die Woche.

Die Schweizer Gourmette regt an, sie in der Pfanne mit etwas Öl weich zu schmoren und nur Salz hinzu zu geben. Sie bezeichnet das als Fünf-Minuten-Snack und Appetitmacher. Wie recht sie hat!

In jedem Falle sind sie - als frische Vorspeise gereicht - ein totaler Ankommer. Dem Geschmack sei es überlassen, mal mit süßer Soja-Sauce und Ingwer der Geschichte eine asiatische Note zu geben, oder zum ersten Öl mit Balsamico ab zu löschen, aber im quasi Natur-Zustand schmecken sie eh schon unvergleichlich. Eben nicht wie geschmorte Paprika!

Dienstag, 31. Juli 2018

Auf der Suche nach den Windkreuzen

Um denen, die davon wissen, gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen:Das Windkreuz ist ein Begriff aus der Architektur. Es diente früher zur Stabilisierung des Giebels, wurde gerne in der Fachwerk-Technik verwendet, aber letztlich durch festere Werkstoffe überflüssig. Aber um das geht es hier nicht.

Um bei der aktuellen Hitze nicht den ganzen Tag im gar nicht mehr so kühlen Haus verbringen zu müssen, nehme ich einen Stuhl und gehe auf die Suche nach Windkreuzen, also Punkten, an denen je nach Richtung mehrere Brisen aufeinander treffen. Bald habe ich für die gesamte Windrose im Borgo Stellen gefunden, an denen zumindest laue Lüftchen einander begegnen oder sich kreuzen. Da ist es dann wie unterm Ventilator.

Dort stelle ich dann meinen Stuhl auf und versinke in einem meditativen Zustand. Für Touristen sieht das natürlich komisch aus, und nachts mache ich ihnen vermutlich angst. Aber die Contadini haben sich längst an meine Spleenigkeit gewöhnt.
Der "Nachtwächter"

Vor allem dort, wo die engen Gassen länger überbaut und schattig sind, hat der Wind-Catcher bei den Quergassen den meisten Erfolg. Am liebsten sitze ich natürlich auf dem Stern der Piazza, wenn der Schlagschatten unseres Hauses ihn um die Mittagszeit erreicht...
Hinter dem Torbogen an der Burg kommt ein Windkreuz der Extraklasse

Sonntag, 29. Juli 2018

Wandel-Klima

Willy Brandt
Als der "SPD-Kärrner" Herbert Wehner unter anderen dem Kanzler Willy Brandt den Dolch in den Rücken jagte, benutzte er einen als Diskriminierung gedachten Satz:
"Der Herr Bundeskanzler badet gerne lau."
Herbert Wehner

Die SPD, wie sie die beiden vertraten, existiert ja leider so nicht mehr. Der Klima-Wandel in der Bundes-Politik braucht keine Volkspartei mehr. Eher wird nach harten Kerlen mit noch härteren Sprüchen verlangt. Da braucht es Lauwarm-Duscher nicht mehr. Oder doch?

In der Süddeutschen vom Wochenende hat es Star-Autor Werner Bartens immerhin mit seiner Theorie "Cool bleiben!" auf die Titelseite gebracht. Nach der hätte also Willy Brandt in der hitzigen Politik von damals mit lauem Baden alles richtig gemacht.

Werner Bartens
Wir Nord-Menschen seien nämlich durch Klima-Anlagen, Eisschränke und auch weiter unangepasstes Leben nicht mehr in der Lage Temperaturen auszuhalten, für die wir bei lauwarmen Leben durchaus prädestiniert seien. Statt eiskalten Drinks und heiß Duschen empfehlen Bartens und seine Quellen das lauwarme Leben für Temperaturen über 30 Grad.

Hier auf der Burg war es den gesamten Juli kühler als beispielsweise in München.
Die Schwägerin schrieb, für Wärme müsse man wohl nicht länger nach Italien. Wie recht sie damit hatte, bestärkten Münchner, die gerade angekommen waren:

Angesichts von 24 Grad am Abend jauchzten sie auf und lobten unser erfrischen atmungsaktives Klima. Da gönnen wir uns im Wandel-Klima doch gleich mal unsere vierte lauwarme Dusche...

Freitag, 27. Juli 2018

Stich um Stich

Spielkarten und ich, das ist leider keine Erfolgsstory. Irgendwann habe ich deshalb auch aufgehört, mit meiner Frau zu karteln. Und als dann meine Kinder den Durchblick hatten, spielten sie mich auch bald an die Wand. Was genau Karten gegen mich haben, fand ich leider nie heraus.

Ich tröstete mich mit dem Spruch "Pech im  Spiel, Glück in der Liebe".

Aber dass es tief in mir weiter brodelte, merke ich in den letzten Jahren, in denen eine klammheimliche Freude in mir aufstieg. Nämlich, wenn hier die Pappadaci, Mücken, Oliven-Fliegen und  neuerdings auch Jagdspinnen in der feuchten Luft ihren Blutdurst stillen.

Wie einst beim Kartenspielen kassiert die "Fürsorglichste" nun Stich um Stich, obwohl sie sich mit allen erdenklichen Kampfstoffen einsprüht. Ich würde ja in mich hinein grinsen, aber leider besteht sie auch mitten in der Nacht darauf, mir das zustande Kommen jedes einzelnen Stiches zu dokumentieren. Dann drückt sie mir die Salbe in die Hand, und ich muss jeden Hubbel sorgsam betupfen. Also bin ich wieder der Verlierer..

Gestern waren wir bei unserer mittlerweile hoch geschätzten Schweizerin zum Geburtstag eingeladen. Alle - außer mir, der das Zeug grundsätzlich nicht riechen kann - sprühten sich immer wieder ein, wurden aber dennoch gestochen. Ich spürte die Tierchen zwar, aber aus irgendeinem Grund drehten sie dann ab und taten sich dann bei den anderen gütlich.


Vermutlich pulsiert in mir das böse Blut der Schadenfreude.

Mittwoch, 25. Juli 2018

Verwandlungen

"Le Troisème Age" ist der französische Wert-Begriff für Menschen, die nach dem Arbeitsleben noch einmal Schwung in ihr Leben bringen wollen. Mittlerweile ist das "dritte Alter" in Frankreich zu einer echten Bewegung geworden. Reisen, Sport-Treffs, Kultur-Kurse sowie Wellness-Angebote werden unter diesem Label angeboten.

Als ich selbst noch nicht in diese Altersklasse gehörte, begegnete ich Reisegruppen aus rüstigen Rentnern weltweit, vor allem aber in den französischen Übersee-Departements. Kennzeichen: laut, fröhlich und auch trinkfest.

So unternehmungslustig, dass Soziologen nach dem Trisième Age den Begriff Quattrième Age für Leute verwenden die richtig alt und durch Krankheiten auch weniger unternehmungslustig sind.

Altersgrenzen verwischen immer mehr. Manche, die nicht aufhören wollen zu arbeiten, verdingen sich in der Entwicklungshilfe und bei uns aktuell in der Betreuung von Flüchtlingen.

Hier auf der Burg gibt es dem Alter nach Alte, die sich neu erfunden haben. Ganz oben an der Spitze der
Mäzen vieler Errungenschaften, der längst pensionierte Lehrer vom Poly-Technikum, der täglich in die Bibliothek geht, die er dem Borgo auch noch hinterlassen will. Er ist 94 und lässt sich nur an nicht so guten Tagen von recht kurvigen, jungen Betreuerinnen begleiten.

Unsere beiden Musik-Professoren bilden zusammen mit meiner Frau ein Team, dass unsere Piazza so schön macht, dass in der Ferien-Zeit immer wieder Touristen unter den Bögen und an unserer Fontana Pause machen.

Ich bin ein wenig neidisch auf die 70 und 80jährigen Deutschen, die immer noch Jahr für Jahr ihre  Häuser hier aufsuchen, aber fast täglich - selbst bei der aktuellen Brut-Hitze - unterwegs sind.

Mir bleibt leider nur noch das Schreiben, aber die damit verbundene Hoffnung, dass meine Nachkommen, wenn sie das Haus denn mal übernehmen, in der Lektüre einiges wieder erkennen.

Auch, dass es noch möglich ist, sich mit sechzig Hals über Kopf zu verlieben und in einem "neuen Leben" Erfüllung zu finden. Sich mit einer Liebe neu zu erfinden, erprobt gerade unsere hochgewachsene Schweizerin, die sich bei Renovierungsarbeiten in ihrem Haus verliebt hat.  Er ist ein Muskelpaket mit einer langen Legende, die ihm quasi Kenntnisse in allen Handfertigkeiten beschert hat. Zum Teil hat er auch bei der Rekonstruktion von  Häusern im Borgo Hand angelegt.
Jetzt ist er auf der Bio-Bauern-Schiene unterwegs, und will mit seiner neuen Liebe eine Azienda Agricola betreiben. Tagtäglich geht  die ehemalige CEO nun in Latzhosen und Männer-Hemden in die Campagna und kommt abends erschöpft aber glücklich mit ihrem neuen Fix-Stern Händchen haltend über die Piazza.

Eine persönliche Neu-Erfindung, die wir mit vollem Herzen unterstützen. Ein Wochen-Abo für Gemüse haben wir schon abgeschlossen Wenn auch noch Öl, Eier und Hühner dazu kommen, ist es dann schon beinahe so wie in alten Zeiten....

Sonntag, 22. Juli 2018

Großartige Gewitter










Es war so zu erwarten: Eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um die 30 Grad. Das lässt die Oliven-Bauern und Gemüse-Gärtner mit zwiespältigen Gefühlen zu den Wolken-Bergen hinauf schauen. Einerseits freuen sie sich über die Gratis-Bewässerung, andererseits kann keiner voraussehen, ob sich in den hohen Türmen nicht auch Hagel bildet. Wir haben das einmal hier erlebt, dass ein etwa 300 Meter breiter Streifen vom Impero unten bis hinauf  zur Burg die ganzen noch jungen Früchte von den Zweigen gefegt hat. Die Landleute hätten wohl kein Verständnis dafür, dass ich die Entladung immer regelrecht herbei sehne.


Eine Minute später
Das ist so seit der Volksschule, in der ich sehr zu leiden hatte, weil ich aus Hamburg kommend, nicht nur über den "spitzen Stein" stolperte, sondern auch extrem schnell sprach. Dafür musste man im Bayern der 1950er sogar nachsitzen. Aber zum Abschluss war mein Missingsch doch zu etwas nutze.
Unserem Direx war es eingefallen, die Abschluss-Klasse im Chor den Nis Randers von Otto Ernst dar zu bieten, und da war mein hanseatischer Tonfall für zwei Solo-Sätze geradezu prädestiniert.

Ich hatte furchtbares Lampenfieber und ging in den Schulgarten, um mich ab zu regen. Die Schwüle stand und ich schwitzte aus allen Poren. Dann brach ein für münchner Verhältnisse unheimlich starkes Gewitter los. Ich erreichte die Aula gerade noch trockenen Haars, sah aber trotzdem pitschnass aus
.

In wenigen Minuten war etwas in mir vor gegangen: Ich war entspannt und erleichtert. Bei meinen beiden Einsätzen trat ich selbstsicher vor und donnerte "Da hängt noch ein Mann im Mast. Wir müssen ihn holen!", im für den Norden typisch. nasalen Ton. Und beim zweiten meiner Solo-Einsätze " Sag Mutter, s'ist Uwe!" brandete der Applaus los.

Gestern kamen auch mindestens "drei Wetter zusammen". Meine Frau und ich saßen oben in unserem nur durch Kerzenschein erhelltem Wohnzimmer und genossen diese Gala-Vorstellung der Natur. In der Nacht schlief ich sanft und ruhig wie ein Baby. Entspannt durch ein großartiges Gewitter.

Freitag, 20. Juli 2018

Gegen den Strom

Gut kann ich mich noch erinnern, wie in Deutschland der Energie-Markt liberalisiert wurde. Da gab es auf einmal gelben Strom oder einen, der vorgab eine Art Sauerstoff zu sein. Aus der Steckdose kam aber immer nur eine Versorgung mit Elektrizität. Die Lockvogel-Angebote ließen uns kalt, denn wir wussten, dass jeder Markt sich kurz über lang einpreisen würde. So änderte sich in Deutschland für uns nichts.

Mit beinahe einem Jahrzehnt Verspätung fiel auch in Italien das Monopol. Nur gab es hier eine Zwangsscheidung auf italienisch, denn es hüpften auch Anbieter mit unsauberen Methoden auf die nun freie Versorgung mit Strom. Bis der staatliche Konzern ENEL sich gegen Abwerbung sichern und entsprechend für den freien Markt aufstellen konnte, waren Legionen von Callcenter-Leuten damit beschäftigt, Verbraucher in eine Falle zu locken. Was vor allem für jene galt, die des Italienischen - in Maschinengewehr-Tempo  herunter gerattert - nicht mächtig waren. Zwar ist Telefon-Marketing in ganz Europa untersagt, aber wenn es ein Adressen-Leak mit Steuernummern gibt, ist man zunächst machtlos gegen die Fangfragen. Ein Si oder Confirmo an der falschen stelle, und schon wurde das als Einverständnis für einen neuen Vertrag gewertet. Da konnte einer am Ende des Gespräches noch so dringlich beteuern, dass man nichts von all dem verstanden hätte.
Einmal brüllte ich verzweifelt in den Hörer: "M'interesso un cazzo!"

Es half nichts. Plötzlich bekamen wir Rechnungen von Firmen, die sich Greennet oder Iren nannten und als erstes nach neuem Recht die Fernsehgebühr in Rechnung stellten.

Schon einmal hatten wir eine Stromsperre, die hier einen endlosen Nerven-Krieg auslöste. Deshalb warteten wir, wer mahnen würde und ließen uns von unserer Deutsch-Italienischen Freundin beraten.
Das Schwimmen gegen den Strom dauert nur schon 24 Monate. Jetzt endlich ist ENEL auf den "neuen Markt" eingestellt und begrüßt uns - Achtung! - nach beinahe zwei Jahrzehnten als neue Kunden.

Mittwoch, 18. Juli 2018

Wie ich mir, so du dir

Was die Weltmacht ohne Welt macht:


Ein Spitzen-Gespräch zweier Narzisten. Quasi ein Puppenspiel






"Ich kann deine rotblonde Schiebe-Frisur bald nicht mehr sehen."

"... Und ich deine Hühnerbrust, du Poser!"

"Mein Gott, wie ich dich hasse!"

"Du sagst Gott zu mir? Da liegst du absolut richtig. Götter hassen nicht, sie strafen."

"Boa eyh! Ich würde dir am liebsten eine reinhauen."

"Nur zu. Was wird so ein kleiner Russky schon für 'nen Punch haben."

Boinnggg!

"Aua! Tat gar nicht weh, aber hier nimm den! American fist!"

Boinnggg! Boinnggg!

"Du Scheiß-Ami hast zweimal zugeschlagen. Na warte!"

"Du wolltest es ja so. Außerdem hast du ja angefangen."

Boinngg! Boinnggg! Boinnnggg! Boinnnggg! Boinnggg! Boinnggg!

Wer in aller Welt angefangen hat, war nicht mehr wichtig, Die Welt war nicht mehr da.
Nur noch ein kleiner dampfender Scheißhaufen in der unendlichen Galaxis

Montag, 16. Juli 2018

Klein Adlerauge

Die "Fürsorglichste von allen" ist ein paar Monate älter als ich. Das bedeutet, dass ihr bereits Dinge widerfahren, die bei mir noch nicht auf der Schadensliste stehen. So hat sie sich auch längst neue Linsen in ihre immer noch himmelblauen Augen operieren lassen, was ich Jahr für Jahr auf die lange Bank schiebe.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat sie im Nahbereich ein Sehvermögen, dass mir zeimlich auf die Nerven geht. Vor allem beim Essen. Da sitzt sie mir gegenüber und lässt urplötzlich den Faden der Unterhaltung schießen, um mit starrem Blick auf den Punkt zu sagen:
"Du hast das was!"

Manchmal handelt es sich um ein winziges Krümelchen, aber leider sehr oft auch um einen akuten Fall meiner wachsenden Kleckeritis, die mir meine Mutter vererbt hat. Meine Mutter schneiderte sich viel selbst. Dazu gehörten viele Blusen mit Schal-Kragen quasi in Lätzchen-Form. Wenn sie mal kleckerte, dann band sie einfach den Kragen andersherum.

So etwas Schickes habe ich leider nicht. Ich mag aber auch nicht wie ein Pate mit in den Kragen gesteckter Ganzkörper-Serviette in den hiesigen Restaurants herum sitzen. Die Leute könnten ja auf gänzlich falsche Gedanken kommen...

So ertrage ich "Klein Adlerauge" grimmig, auch wenn sie Korrekturen an meinem bekleckerten Erscheinungsbild auch vor Gästen und Freunden verlangt.

Gelegentlich wünsche ich mir egoistisch, sie hätte auf die Linsen verzichtet. Denn ich sehe sie immer noch faltenlos und rosig in ewiger Jugend.

Schlecht Sehen ist manchmal eventuell besser als schlecht Hören. Unser Freund von gegenüber hatte  wohl gestern dem Gespräch beim alljährlichen Essen in Cosio di Arroscia nicht konzentriert gefolgt.
Die Festa delle Erbe ist ja berühmt dafür, das man allerlei botanische Raritäten kaufen kann.

"Linsen? Wo habt ihr die gesehen? Linsen sind ja mein Leibgericht!"

Schon war mein verkleckertes Hemd aus dem Fokus.

Freitag, 13. Juli 2018

Postkarten?

Wer schreibt eigentlich noch Postkarten, wenn er Selfies mit prominentem Hintergrund von seiner Reise an die daheim Gebliebenen in Sekundenschnelle an alle verschicken kann?

Die "Fürsorglichste" und ihre beiden Schwestern tun es noch. Alle drei sind ein wenig oldfashioned, was sich unter anderem darin äußert, dass sie auf Smart-Phones und Computer verzichten. Auf der Suche nach geeigneten Antwort-Karten tut sich meine Frau von Jahr zu Jahr schwerer. Vor annähernd  zwei Jahrzehnten gab es wenigstens noch historische Aufnahmen unserer Doppel-Stadt, die man verschicken konnte.

Einer meiner ehemaligen Partner, ein großartiger Maler und Grafiker, hatte von jeher Ideen eigene Karten zu komponieren, auf denen er geheime Botschaften und witzige Mikro-Zeichnungen zu selbst aufgenommenen Schnappschüssen verband. Sie hängen immer noch hinter einer Schrank-Klappe in der Küche und überraschen vor allem diejenigen, die sich in unserem Haus noch nicht so gut auskennen.

Gestern nun passierte etwas revolutionäres. Unser Lieblings-Metzger daheim hatte meine Frau darum gebeten, doch mal eine Karte aus Italien zu schicken. Als ich zu ihr bemerkte, dass ihm das wohl keinen richtigen Eindruck von hier oben vermittele, bot ich ihr an, stattdessen einige Fotos von hier oben an seinen Computer zu schicken.

Wie ich mein normales Mail-Programm öffnen will, wird es von einer Werbe-Webseite blockiert, die durch nichts zu entfernen ist. Die Umwege, mit denen ich die Bilder dann dennoch verschickt habe, erspare ich meinen Lesern, die sich vermutlich über mein Unvermögen totlachen. Was ein Drama wäre, denn so viele habe ich ja nicht...

Jedenfalls muss ich dem aktuellen Werbevideo eine Lotterie recht geben:
Im Netz geht so einiges!

Mittwoch, 11. Juli 2018

Vom geheimen Leben der Mauersegler

Ist schon leicht zu verwechseln: Rondoni sind die Mauersegler und Rondini die Schwalben. Auch in der Luft sind sie nur für geübte Ornithologen auseinander zu halten. Am ehesten noch durch den sprichwörtlichen Schwalbenschwanz. Flugstil und Jagdmethode sind ähnlich. Allerdings sind Mauersegler um einiges schneller. Dafür bauen sich die Schwalben mit ihrem speziellen Speichel kunstvolle Nester mit schicken Einflug-Löchern, während die des Gehens unkundigen Mauersegler sich Lücken im Gestein oder eben Mauern suchen müssen.

An der Piazza haben wir keine Mühe, die beiden zu den Seglern gehörenden Arten auseinander zu halten. Die Burgmauer gegenüber ist alleine die Wohnanlage für die Mauersegler. Sie werden zwar immer weniger, aber noch können wir die nachfolgenden Generationen flügge werden sehen.

Gerade jetzt haben die unter der Obhut älterer Vögel stehenden, jungen Segler ihre Trainingstage für die Wanderung. Eigentlich sind sie ja Zugvögel, aber immer mehr werden durch den Klimawandel zu Standvögeln.

Die Rituale der Erziehung bleiben jedoch die selben. Mitunter sind es ein Dutzend, die gleichzeitig enge Kurven in der Piazza fliegen und dann auf ein geheimes Kommando Schein-Anflüge auf ihre Nester erproben. Manchmal gibt es dann um ein Loch heftiges Gerempel, aber es kommt nie zu den folgeschweren Abstürzen, bei denen sie dann auf dem Boden eher hilflos herum kreuchen.

Als ich neulich beim Frühstück vom hervorragend strukturierten Leben der Segler schwärmte, und wie einzigartig schnell sie ihre "Kinderstube" überwinden, meinte meine Frau scherzhaft:
Schwalbennester gereinigt und
für den Konsum ala
Suppe bereit.
"Die haben ja auch keine Ablenkung durch Fernsehen und Computer und müssen sich später keine Arbeit suchen. Herum Rasen, das können sie. Von bestimmten Schwalben machen ja die Chinesen ihre berühmte Schwalbennester-Suppe. Das ist wenigstens ein Nutzen."

Natürlich war das nicht ihr Ernst, aber ein Hinweis, dass ihr mein aus dem Internet zusammen getragenes Wissen über Mauersegler langsam auf den Zeiger geht...

"Was weißt denn du  schon?", griff ich ihren Ton auf.
"Natürlich haben die Fernsehen. Und zwar klitzekleine in Drei-D, die sie auf dem Zug in Ruhepausen ehe sie in der Luft einschlafen einschalten, um Nachrichten über die Mücken-Lage im Ankunftsort zu empfangen. Den Computer haben sie im Kopf, und bei entsprechenden Vielflieger-Meilen-Boni können sie sich auch kleine Hängematten für ihre Nester bestellen..."
Das Kilo Schwalben-Nester
 kann leicht 1000 Euro
kosten. Man muss nur  ans
Heilsame glauben.
(Quelle; Wikipedia)

Vergaß ich zu erwähnen, dass es hier recht heiß und feucht ist?