Mittwoch, 16. Mai 2018

In der Geborgenheit

My home is my castle, lautet ein alter Spruch der Briten. Die alten Burgen und Schlösser haben ohne entsprechendes Personal oder hilfreiche Geister meist nicht die Gemütlichkeit, die dieses Sprichwort suggeriert. Da ist man heute als privater Mensch eigentlich besser dran.

Um unser Haus im ligurischen Borgo kümmern sich in unserer Abwesenheit Nachbarn und eine junge Damen, denen hier mal unser ausgesprochener Dank gilt. Unsere Tochter ist diesmal samt Kind und Ehemann voraus gereist, und hat sich nach der Ankunft gar nicht mehr eingekriegt, wie sie von der Geborgenheit des alten Gemäuers umfangen wurden. Doch auch die größte Fürsorge steht den Wetter-Bedingungen des kalten Halbjahres in jedem Frühjahr machtlos gegenüber.

Beinahe alle Pflanzen auf der Piazza hatten Kälte und seit langem auch wieder mal dem Schnee nichts entgegen zu setzen. Auf der Terrasse ein ähnliches Bild. Aber statt Wehklagen höre ich von der Fürsorglichsten heitere Pläne für die neue Bepflanzung. Da ich zu dem Thema nicht gefragt werde, habe ich mich heute auf dem Markt ausschließlich meinem "Kräutergarten" gewidmet und für "Nachwuchs" gesorgt. Erstaunlich: Estragon, Liebstöckel und Salbei haben an ihrem Standort den Winter überlebt.

Obwohl der Mai genauso kalt ist wie im letzten Jahr, trotzt die Familie durch missachtende Maßnahmen.  Gestern haben wir im Schutz der Dunkelheit - erstmals überhaupt -Frisch-Fisch auf der Piazza gegrillt, weil wir damit niemanden belästigen konnten. Und beim kleinsten Wolken-Loch liegen wir eingemummelt auf der Terrasse.

Da wir die Heizung anwerfen können, lässt diese Geborgenheit die Familie zusammen rücken wie das in München nicht möglich ist. Wir wohnen zwar alle recht nah beieinander, aber die jungen Leute müssen eben arbeiten und der Enkel soll in die Kita...

Deshalb schiebe ich wichtige Klein-Reparaturen leichten Herzens auf die nächste Woche. Nach Konfuzius verlangen glückliche Tage eben die Dankbarkeit, die einen für traurigere Momente wappnen sollen:

Wieder haben Menschen, die die Nachbarschaft all die Jahre verschönt und geprägt haben, den Borgo verlassen:
Die ewige Liebe unseres Mäzens und Bibliothekars; dem letzten der "Hundertjährigen Geschwister" hat die deutliche Erholung im letzten Herbst nun doch nichts mehr genutzt; und Franco, der Hilfreiche, der es sich nicht nehmen ließ, vor ein paar Jahren noch die schweren Granit-Platten in die Küche zu schleppen, erlag dem Diabetes, den er gut in den Griff bekommen hätte, wäre ihm, dem Knorrigen, nicht vor den Pieksern für die Messwerte und dem selber Insulin Spritzen bange gewesen.
Die Seelen-Sammlerin, die jeden Tag zur Kirche hinunter gelaufen ist, und auch die steilen Treppen zurück nicht scheute, fehlt uns. Operationen nach ihrem Hausunfall machten eine Unterbringung im Altersheim am Meer erforderlich. Und wir müssen auch Vittorio für das Dahinscheiden seines  Hundekaters Lazaro trösten. Der "Charles Bukowsky" unter dem hiesigen Katzen-Volk starb eines gewaltsamen Todes. Incidente beim Rollerfahren?



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